Ausblick und Rückblick

„Die geschichtliche Entwicklung der Stadt Adorf“

 

Im Jahre 1993 veröffentlichte die „Freie Presse“ im Zusammenhang mit der 700-Jahr-Feier Adorfs eine 23teilige Artikelserie von Daniela Neumann und Annett Bonesky. Die beiden - damals Gymnasiastinnen - fertigten diese Artikelserie im Jahre 1992 unter der Überschrift „Die geschichtliche Entwicklung der Stadt Adorf“ im Rahmen einer Facharbeit im Fach Geschichte an.

Die einzelnen Artikel standen unter nachfolgenden Überschriften.

 

1.    Anfänge rund 1000 Jahre zurück

2.    Rat- und Weinhaus erbaut

3.    Baumeister der Kirche verschwindet spurlos

4.    Adam und Eva mit Wappen

5.    Neue Kirche brennt ab

6.    1900 erster Gottesdienst

7.    Seit 1575 zu Sachsen

8.    Dienstmagd hingerichtet

9.    Wochenlange Dürre

10.  Apotheke öffnet 1585

11.  Orgelkunst boomt

12.  Sieg über Kaiserliche

13.  Trotz Kriegslist keine Rettung

14.  Bürgermeister wählt Gefangenschaft

15.  Junger Bürgermeister

16.  Straßenbahn Adorf – Bad Elster

17.  Bergbau wieder abgebaut

18.  Königliches Wappen auf Muscheln

19.  Schule nicht so ernst genommen

20.  Ein Hauch von Orientalischem

21.  Aus dem Vogtland in die Welt

22.  Juristen führen das Turnen ein

23.  Durchhalteparolen vom Kampfkommandant

 

Nicht immer ist an diesen Überschriften gleich zu erkennen, welche Themen der Adorfer Stadtgeschichte hier behandelt werden. Ein Blick auf die jeweiligen Unterpunkte bringt dann Klarheit. Aus meiner Sicht beantwortet diese Arbeit eine sehr große Anzahl von potentiellen Fragen zur Stadtgeschichte Adorfs und regt da und dort zu weitergehenden Recherchen an.

Tauchen Sie in den nachfolgenden Texten ein, in die von Daniela Neumann und Annett Bonesky dargestellte wechselvolle Geschichte der Stadt Adorf.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vielen Dank an Ronny Hager von der „Freien Presse“ für die Bereitstellung dieser Texte aus dem Zeitungsarchiv

 

Mein besonderes Interesse gilt 30 Jahre nach der Erstellung dieser umfangreichen Arbeit dem Nachwort der Gymnasiastinnen. Für mich ist dieses Nachwort ein sehr interessantes Zeitdokument von jungen Menschen aus dem Jahre 1992. Sie blicken in ihrem Nachwort auf die jüngere Geschichte, die Gegenwart und auf die nähere Zukunft.

Historisch gesehen, sind 30 oder 50 Jahre nur ein Wimpernschlag in der Geschichte einer Stadt. Wenn es konkret wird, können in solch kurzer Zeit aber auch große Veränderungen und bedeutende Ereignisse stattfinden.

Was hat sich in den 30 Jahren seit 1992 in Adorf so getan? Wurde das umgesetzt, was die jungen Menschen damals erwarten bzw. gehofft haben? Bei meiner nachfolgenden Betrachtung möchte ich mich ohne Wertung an die Reihenfolge der Fakten im Nachwort halten.

Es ist unstrittig, dass die Bürger der Stadt Adorf, die Unternehmen und Gewerbetreibenden sowie die Politiker der Stadt Adorf in den letzten 30 Jahren mit Schöpfertum, Kreativität, Schaffenskraft und Aktivität an die weitere Entwicklung  der Stadt Adorf gegangen sind und sehr viel erreicht haben.

Viele Häuser und weite Bereiche der Infrastruktur wurden mit öffentlichen und privaten Mitteln saniert und modernisiert. So manches weitere historische Gebäude ist aus dem Stadtbild verschwunden und wurde durch Neubauten oder Grünanlagen ersetzt. Ein Beleg hierfür der Pfortenberg. Historische Aufnahmen zeigen eine dichte Bebauung, die heute fast vollständig verschwunden ist. Um so manches weitere historische Gebäude wie die „Wolfsschlucht“ das „Reinhold-Becker-Haus“ oder die ehemalige Poliklinik wird aktuell noch nach Lösungen gesucht. Ob dieser Kampf erfolgreich ist, wird man bei einer Bewertung in 30 Jahren sehen. Bei einem genaueren Blick muss man feststellen, dass in Adorf viele weitere Gebäude leer stehen und auf eine Sanierung warten. Aus meiner Sicht liegt es hier oft nicht am Geld, sondern an einer offenen anschließenden Nutzung. Tatsache ist, dass sich die Einwohnerzahl von ca. 6.600 im Jahre 1993 auf 4.815 Ende 2021 verringert hat. Damit ist Adorf wieder auf dem Stand von ca. 1896 angekommen. Hierbei ist zu beachten, dass einige Gemeinden damals noch selbstständig waren und nicht zu Adorf gehörten. Zusätzlich ist der demographische Wandel in Adorf sehr deutlich zu spüren.

 

Das Perlmutter- und Heimatmuseum im Freiberger Tor ist weiterhin ein besonderes Wahrzeichen der Stadt, mit dem man in Adorf noch viel vorhat.

In der Vogtland-Filmbühne ist bereits vor vielen Jahren der Film gerissen und das Gebäude verschwunden. Als reines Kino konnte ein solches Objekt in der Marktwirtschaft nicht bestehen.

Mit dem Neubaugebiet wird sicherlich die „Schillerstraße“ gemeint sein. Nach den Renovierungen und Modernisierungen der vielen Häuser macht das Gebiet nach meiner Auffassung einen optisch recht guten Eindruck. Das liegt sicherlich auch daran, dass das Stadtgrün in den letzten 30 Jahren sehr gewachsen ist. Mir ist bekannt, dass viele freigewordene Wohnungen oft nicht lange leer standen. Das sollte heute ein gutes Zeichen für das Wohngebiet sein.

Die Anzahl der Supermärkte hat sich bei stark verringerter Einwohnerzahl mehr als verdoppelt. Die Anzahl der heutigen Geschäfte und Gaststätten in der Stadt kann man an den oft zitierten zehn Fingern beider Hände abzählen. Heute treffen sich die Adorfer in der Regel auf den Parkplätzen der Supermärkte und kaum mehr auf dem Markt bzw. den ehemaligen Einkaufsstraßen. Dazu beigetragen hat auch der Umstand, dass das in Adorf sehr beliebte Eiscafé am Markt keine Sitzgelegenheiten mit Kaffee und Kuchen mehr anbietet, sondern zum Straßenverkauf ihres Sortimentes übergegangen ist.

Gebaut wird auch heute noch viel. Neben privaten Baustellen baut die Stadt u. a. gegenwärtig an der Frohnfeste, der Turnhalle und der Erweiterung des Museums bzw. des zukünftigen Perlmuttererlebniszentrums.

Die Tankstelle und die Kläranlage sind fertig und in Betrieb. Viele Schleusen und die dazugehörigen Straßen wurden saniert.

Ob die Sparkasse heute noch einmal in einen solchen Neubau investieren würde, möchte ich bezweifeln. Keiner hätte sich vor 30 Jahren so gravierende Veränderungen im Finanz- bzw. Bankensektor vorstellen können.

Der Krankenhausneubau in Adorf wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung eröffnet. Wie lange dieses noch mit welchen Angeboten existieren wird, ist heute offen. Es ist scheinbar selber zu einem „Patienten“ geworden.

Ein Wohngebiet auf dem Alten Acker wurde errichtet. Ob dort nun 500 Einwohner in 200 Wohneinheiten wohnen, kann ich nicht beurteilen.

Die Verschönerung der Altstadt und des Marktes ist erfolgt und weiteres Potential vorhanden.

Ob Adorf eine Idylle des Vogtlandes geworden ist, kann ich nicht einschätzen. Ein solcher Begriff ist sehr subjektiv. Bei der Frage nach dem wichtigen Industriestandort im Vogtland ist für mich die Antwort einfacher. Die Stadt Adorf hat seit der politischen Wende 1989 sehr viele Arbeitsplätze in der Industrie verloren. Dies wird auch einer der Gründe für die rückläufige Entwicklung der Einwohnerzahlen sein.

 

In Summe würde ich heute sagen, dass Schöpfertum, Kreativität, Schaffenskraft und Aktivität nicht alleine die Voraussetzung für eine erfolgreiche mittelfristige Stadtentwicklung sind. Die Rahmenbedingungen für eine Vielzahl interessanter und dauerhafter Arbeitsplätze sind aktuell für Investoren nicht sehr einfach. Es wäre zu wünschen, dass hierrüber in 20-30 Jahren anders berichtet werden kann.

Überrascht war ich im Sommer 2022 über den erfolgreichen Verlauf der „Adorfer Sommerabende“. Dort trafen sich über Wochen viele Adorfer und Gäste auf dem Markt vor dem Rathaus zum gemeinsamen Abendbrot bei Livemusik. Eventuell wurden dabei in den vielen Gesprächen auch neue zukunftsträchtige Projekte für die Stadt besprochen.

 

Ob wir einmal an dieser Stelle erfahren werden, wie die Autorinnen der Texte aus dem Jahr 1993 ihre persönliche Geschichte und die der Stadt Adorf heute sehen? Haben sie ihre Träume und Vorstellungen im vereinten Deutschland mit den vielfältigen Möglichkeiten verwirklichen können? Gab es in der heutigen schnelllebigen Zeit Momente, die ihnen Möglichkeiten boten, die damals noch gar nicht Basis von Überlegungen sein konnten?

 

Schauen wir heute auf Deutschland, Europa und die Welt, scheint es so, als ob wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weitere umfangreiche Veränderungen erleben werden, die an uns persönlich und auch an Adorf nicht spurlos vorbei gehen werden. Eine Tatsache, die wir mit unseren Vorfahren gemeinsam haben.

 

Klaus-Peter Hörr

August 2022