Bürgermeister
Fritz Rudimann Dönitz *25.
Februar 1883, † 20.Februar 1947 |
Am
3. Dezember 1919 ging Bürgermeister Dönitz aus Ehrenfriedersdorf
in einer Stichwahl zum Bürgermeister der Stadt Adorf gegen Stadtamtmann Dr.
Frey aus Dresden mit 12 : 10 Stimmen als Sieger hervor und wurde damit als
Nachfolger von Bürgermeister Dr. Lange gewählt. Weitere Kandidaten, die in
die engere Wahl gezogen wurden, waren Bürgermeister Dr. Schilling aus Gößnitz und Bürgermeister Tauscher aus Thum. Insgesamt
hatten sich 31 Bewerber für dieses Amt beworben. Was wird Adorf für eine
solch bemerkenswerte Bewerberzahl so interessant gemacht haben? Der
Adorfer Grenzbote stellte seinen Lesern den neu
gewählten Bürgermeister von Adorf wie folgt vor: |
„Herr Bürgermeister Dönitz ist am 25.
Februar 1883 in Weißenfels als Sohn des verstorbenen Kaufmanns Friedrich
Adolf Dönitz geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums
studierte er in Heidelberg und Leipzig Rechtswissenschaft. Zum
Vorbereitungsdienst ging er an die Amtsgerichte Zwickau, Oschatz, Wurzen,
arbeitete dann bei den zwei Dresdner Rechtsanwälten Dr. Mauer und Dr. Böhmig, ferner bei der Staatsanwaltschaft und dem
Landgericht Plauen. Nach bestandener 2. Juristischer Staatsprüfung nahm Herr
Dönitz eine Stellung beim Stadtrat zu Groitzsch an
und dann beim Rat zu Plauen als Ratsassessor. Ueber seine
bisherige Tätigkeit führte Herr Bürgermeister Dönitz selbst gestern folgendes
an: Im Jahre 1912-1918 war er als
Ratsassessor in Plauen tätig. Von der Mobilmachung an nahm er am Feldzug
teil, wurde dann im November 1916 infolge einer Kriegsverwundung wieder nach
Plauen entlassen, wo er die Erwerbslosenunterstützungssachen u. a. erledigte.
Seit 1.2.18 ist Herr Dönitz Bürgermeister der 5.000 Einwohner zählenden Stadt
Ehrenfriedersdorf. Dort gab ihm die Ernährungsfrage
reichlich Gelegenheit zu fruchtbringender Betätigung. Er selbst ist ins
besetzte Gebiet gereist, um Nahrungsmittel einzukaufen. In der Bekämpfung der
Wohnungsnot und der Erwerbslosigkeit hat er mit Erfolg gearbeitet und
umfangreiche Notstandsarbeiten in die Wege geleitet. Auch über die kommunale
Finanzpolitik verbreitete sich Herr Dönitz. Größte Sparsamkeit sei angebracht
und nur unbedingt nötige Ausgaben seien zu billigen. Laufende Ausgaben sollen
nicht auf Anleihen genommen werden. Weiter hat er sich auch im Betrieb der
Spar- und Girokassen betätigt, ferner in der Verwaltung der Gasanstalt zu Ehrenfriedersdorf, sowie im Forstwesen, sodaß ihm also wohl genügend Erfahrungen zur Seite
stehen, um den Ansprüchen zu genügen, die der Bürgermeisterposten unserer
Stadt an ihn stellt. Herr Bürgermeister Dönitz ist evangelisch-lutherischer
Konfession; er ist verheiratet und Vater eines Kindes.“ |
Hiermit
waren die Adorfer Bürger umfassend über ihren neuen
Bürgermeister informiert. Seine
Einweisung und Verpflichtung durch die Kreishauptmannschaft erfolgte am 2.
Februar 1920. Im Rahmen der Verpflichtung von Bürgermeister Dönitz machten
Stadtrat und Stadtverordnete darauf aufmerksam, welche großen Aufgaben vor
dem neuen Bürgermeister stehen und sicherten ihm ihre Unterstützung zu. Mit
folgender Ansprache wandte sich der neue Bürgermeister an die anwesenden
Personen: |
„Meine sehr geehrten Herren
Anwesenden! (Waren keine Frauen
dabei?) In dieser Stunde, zum erstenmal als Bürgermeister von Adorf, erfüllen mich
Gefühle des Dankes gegen die Staatsregierung für die Bestätigung meiner Wahl
und das in mich gesetzte Vertrauen, weiter Gefühle des Dankes gegen den Herrn
Kreishauptmann für die mir gewidmeten warmherzigen Worte. Ich verkenne nicht,
daß die beste Verwaltung nicht des Schutzes der
Staatsregierung entbehren kann; sie wolle mir ihr Vertrauen und wohlwollend
Gehör schenken. Ich verspreche, jederzeit ein gutes Verhältnis zu den
vorgesetzten Behörden zu pflegen. Dank den städtischen Körperschaften für das
Vertrauen, das sie durch meine Wahl mir bekundeten, Dank für die freundlichen
Worte der Herren Stadtvertreter. Haben mir auch nicht alle ihre Stimme
gegeben, so hoffe ich dennoch, während meiner Amtsführung das Vertrauen auch
der Herren zu gewinnen, die sich nicht für mich entschieden haben. Es soll
mein Bestreben sein, mir auch dieses Vertrauen zu erwerben. Ich bitte, daß auch Sie, meine Herren, mir Ihre Unterstützung nicht
versagen. Unsere Arbeit in den städtischen Körperschaften möge getragen sein
von gegenseitiger Wertschätzung und Achtung. Mein Dank gilt ferner den
anwesenden Herren Vertreter der anderen Behörden, der Industrie und der
Bürgerschaft. Ich werde allzeit bestrebt sein, gute Beziehungen zu den
anderen Behörden zu unterhalten und ein gutes Verhältnis zu pflegen zwischen
der Bürgerschaft und mir. Dank auch meinen Beamten, in denen ich nicht nur
Untergebene sehe, sondern auch Mitarbeiter. Ich fordere von ihnen strengste
Pflichterfüllung, Hingabe an ihr Amt, freundliches Entgegenkommen gegen die
Einwohner, denen sie Berater und Helfer sein sollen, nicht Regierende. Ich
trete mein Amt in schweren Zeiten an. Für meine künftige Tätigkeit ein
festumgrenztes Programm zu geben, ist in diesen schweren Zeiten nicht möglich.
Die wichtigste Aufgabe für die nächste Zeit in meiner Tätigkeit als
Bürgermeister ist die Fürsorge für das Wohlergehen der mir anvertrauten
Bevölkerung. Im Vordergrund steht die Ernährungsfrage, die Bereitstellung und
Verteilung der Lebensmittel. Die Verteilung ist zwar vom Staat geregelt, wo
aber die Stadt noch Einfluß hat, werde ich alles
tun, um den Bedürfnissen der Einwohner gerecht zu werden. Wir wollen
versuchen, der Kohlen- und Bekleidungsfrage, und besonders auch der
Wohnungsfrage unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden, zum Wohle unserer
Bevölkerung. Ein weiteres Gebiet ist die soziale Fürsorge. Erstrebenswert ist
es, den Erwerbslosen Arbeit zu verschaffen, im Interesse der Arbeitslosen
selbst sowie des Reichs, des Staates und der Gemeinden. Wir müssen auf
Notstandsarbeiten zukommen, die wirtschaftlich von Bedeutung sind. Die
Aufwendungen hierfür dürfen aber dazu nicht im Mißverhältnis
stehen. Weiter macht sich Fürsorge nötig für die Kriegsbeschädigten und
Kriegshinterbliebenen, die Witwen und Waisen, die die größten Opfer gebracht
haben; die verdienen Erleichterung ihrer Lage. Ein reiches Feld der Betätigung ist
ferner die Wohlfahrtspflege, der Tuberkulose-, Säuglings- und Mutterschutz.
Hier kann unserem starkgeschwächten Volke nicht genug getan werden. Auch an
Jugendfürsorge und Ausbau des Schulwesens will ich erinnern. Weiter sind
wichtig in erster Linie Hebung und Förderung der Industrie, Belebung von
Handel und Gewerbe, Hebung des Verkehrs, Neugestaltung der
Finanzverhältnisse. Das Leitmotiv bei der Finanzgebarung ist Sparsamkeit.
Aber nicht am falschen Platze. Es gibt Ausgaben, die man nicht scheuen darf:
Licht, Wasser, Verkehrsanlagen, Krankenhaus, Feuerschutz, Fußweg- und
Straßenbauten; auch für die äußere Stadtbildung wird man etwas übrig haben müssen.
Dies sind, wenn auch noch nicht erschöpfend, die Ziele, die ich mir
vorgenommen habe…“ Auch
wenn ich die letzten Sätze seiner Rede nicht richtig lesen kann, hat er
eigentlich kaum ein Thema ausgespart und jeden Bürger angesprochen. |
Seine
Worte waren keine leeren Worte. Bereits am 9. September 1921 erfolgte nach
kurzer Aussprache die Wiederwahl des Bürgermeisters Dönitz mit 17 gegen 2
Stimmen. Diese Wiederwahl war
gleichzeitig eine Wahl auf Lebensdauer. Ein Beleg dafür, dass er ein großes
Vertrauen der städtischen Kollegien gewonnen hatte. |
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Es
muss auch Momente gegeben haben, wo Bürgermeister Dönitz über einen Wechsel
zu einem anderen Amte nachgedacht hat. So berichteten die „Dresdner neuesten
Nachrichten“ vom 12. März 1929 darüber, dass er bei der Bürgermeisterwahl von
Kötzschenbroda mit drei weiteren Kandidaten in die
engere Auswahl gekommen ist. Wollte er von der Elster an die Elbe in den
Großraum Dresden wechseln? Über
seine Tätigkeit und Rolle als Bürgermeister der Stadt Adorf in der Zeit von
1933-1945 liegen mir aktuell keine weiteren Unterlagen vor. Ob hierzu
Unterlagen im Bestand Adorf des Historischen Archivs des Vogtlandkreises
vorhanden sind, bleibt weiteren Recherchen vorbehalten. Nachfolgend
noch einige Ergänzungen zur Person von Fritz Rudimann
Dönitz. Sein
oben erwähntes Studium in Leipzig begann er am 15. Januar 1901 und beendete
es am 10. Februar 1905. Bürgermeister
Dönitz heiratete am 4. Oktober 1913 Erna Hedwig Ahnert in Dresden. Ihr
Sohn Volkmar wurde am 19. April 1921 in Adorf geboren. Zu Ostern 1939 legte
Volkmar an der Fürstenschule St. Afra sein Reifezeugnis ab. Am 9. Oktober
1939 trat er in das Ersatzbataillon des Infanterie-Regiments 31 in Plauen ein
und wurde am 30. Januar 1941 zum Leutnant befördert. Am 22. Juli 1941 starb
Volkmar an der Ostfront. Im Heft 46 des Afranischen
ECCE von 1941 ist ein bemerkenswerter Nachruf von seinem Vater zum Tod seines
Sohnes veröffentlicht, der ein Blick auf die damalige Zeit ermöglicht. https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/591027/38?tx_dlf[highlight_word]=D%C3%B6nitz Kurz
vor Ende des Zweiten Weltkrieges existierte im noch nicht besetzten Gebiet
des Kreises Oelsnitz der „Restkreis Oelsnitz“ mit über 40 Ortschaften. Für
dieses Gebiet fungierte der damalige Adorfer
Bürgermeister Rudimann Dönitz ab 25. April 1945 als
kommissarischer Landrat. In dieser Funktion hatte er eine Vielzahl von
Aufgaben zu klären. Mit Schreiben von 27. April 1945 informierte er die
Bürgermeister in seinem Zuständigkeitsbereich über seine Ernennung zum
kommissarischen Landrat durch den Kampfkommandanten Oberstleutnant
Feierabend, der Einrichtung einer Botenpost, zu Fragen der Lebensmittel- und
Mahlkarten sowie ärztlicher Zusatzbescheinigungen. Eine
nicht minder wichtige Angelegenheit war die Herausgabe von Gutscheinen als
Ersatz für fehlende bare Zahlungsmittel. Die Herausgabe dieser Gutscheine
beantragte er am 28. April 1945. Dieser Antrag wurde einen Tag später vom
Kampfkommandanten genehmigt. |
Quelle Bestand Adorf im HAV Oelsnitz Die
Gutscheine gab es in der Stücklung von 1, 10 und 50 Reichsmark. Die Ausgabe
wurde am 30.4.1945 verfügt. Mehr
zu der Geschichte dieser Gutscheine finden Sie im Internet unter Am
3. Mai 1945 forderten Bgm. Dönitz als k. Landrat
und der Kampfkommandant noch zu einer Musterung der männlichen Angehörigen
der Geburtsjahrgänge 1897 bis 1929. Mit welchen Gefühlen werden die
aufgeforderten Personen zu dieser Musterung gegangen sein? Quelle Bestand Adorf im HAV Oelsnitz |
Am
6. Mai 1945 wurde der Restkreis Oelsnitz von amerikanischen Truppen besetzt. Wie
es ab diesem Zeitpunkt mit Rudimann Dönitz weiter ging, ist aktuell im Detail nicht
bekannt. Laut einer Bekanntmachung vom 4. Juni 1945 wurde er vom „Commander of the milit. Government“
Webber des Amtes enthoben und mit sofortiger Wirkung Horst Schönfuß als Bürgermeister von Adorf eingesetzt. Quelle: Stadtarchiv Adorf |
Am
5. November 1946 teilten Kurt Rottmann und Robert
Roßbach vom Vorstand der SED mit, dass Horst Schönfuß
sein Amt verlassen hat und seit 2.11.1946 flüchtig ist. Es soll Beweise dafür
gegeben haben, dass Horst Schönfuß als Denunziant
für die Gestapo tätig gewesen sei. Weitere
Recherchen ergaben, dass Rudimann Dönitz am 20.
Februar 1947 im Sowjetischen Speziallager Nr. 6 in Jamlitz
verstorben ist. In der „Dokumentationsstelle Lager Jamlitz“
liegen keine weiteren Unterlagen zu ihm vor. Laut einer Mitteilung von dort,
soll der DRK-Suchdienst im Rahmen einer Auskunft im Jahre 2006 mitgeteilt haben, dass er am 12.12.1945
verhaftet worden sei. Klaus-Peter
Hörr Dezember
2022 Ergänzung
Juni 2024 |