Der Gastwirt Franz Meißner, ein  Kämpfer gegen den Durst

 

 

Franz Meißner muss in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Adorf ein allseits bekannter Gastwirt gewesen sein. Nicht ohne Grund widmete der Adorfer Grenzbote ihm zu seinem 25- und 30jährigen Gastwirtsjubiläum einen entsprechenden Artikel.

 

Im April 1930 wird sein Schaffen gegen die durstigen Kehlen und knurrenden Mägen wie folgt gewürdigt.

 

„25 Jahre Gastwirt.

Heute ist es dem allseitig beliebten Gastwirt Franz Meißner vergönnt, sein 25jähriges Gastwirtsjubiläum zu begehen. Nachdem Herr Meißner von 1903 an als Geschäftsführer bei Herrn Kohle im „Goldenen Stern“ tätig gewesen ist, übernahm der Jubilar am 12. April 1905 die Gastwirtschaft „Alter Fritz“ vom Besitzer Wunderlich als Pächter. 1906 übernahm er dazu noch die „Augustsruh“ und bewirtschaftete beide Lokale ein halbes Jahr. Im Jahre 1912 gab Herr Meißner die “Augustsruh“ auf, um die Bewirtschaftung des „Deutschen Hauses“ zu übernehmen, nachdem er abermals diese beiden Lokale wiederum 6 Monate betreut hatte. Im Jahre 1919 siedelte er in die „Deutsche Flotte“ über, und 1920 übernahm er das „Restaurant Zeppelin“, das er heute noch innehat. In diesem Vierteljahrhundert ist Herr Meißner ununterbrochen der Hollerbrauerei als Abnehmer treugeblieben, ein schönes Zeichen harmonischer Zusammenarbeit. Es wird Herrn Meißner an Glückwünschen und Ehrungen nicht fehlen, und auch wir schließen uns den Gratulanten an mit dem Wunsche, daß der Jubilar und seine Gattin weiterhin gesund und in ungebrochener Rüstigkeit ihrem Berufe nachgehen können. Es wird da heute und morgen im „Zeppelin“ mancher Schluck auf das Wohl des Jubelpaares getrunken werden nach dem Motto: Laßt Blumen sprechen! Prost Blume!

 

 

1907-01-15

 

1912-07-19

 

 

1919-02-22

 

1920-09-28

 

Fünf Jahre späten lesen wir folgende Glückwünsche.

 

30jähriges Berufsjubiläum.

Morgen Sonnabend vollenden sich drei Jahrzehnte, seitdem Herr Franz Meißner, Pächter der Gastwirtschaft „Graf Zeppelin“, das Gastwirtsgewerbe betreibt. Und 30 Jahre lang ist er auch Pächter von Lokalen der Hollerschen Brauerei in Adorf. Am 13. April 1905 begann er mit dem Gastwirtsberuf. Zuerst bewirtschaftete Herr Meißner die sr. Zt. Von der Hollerbrauerei gepachtete Gaststätte „Alter Fritz“, dann die „Augustsruh“, das frühere „Deutsche Haus“ und dann das Gasthaus „Graf Zeppelin“. Herr Meißner hat es allzeit verstanden, den Gästen, die bei ihm Einkehr hielten, einen angenehmen Aufenthalt zu bieten. Zu seinem morgigen Jubiläumstage seien ihm unsere besten Wünsche für die Zukunft ausgesprochen. Auch aus Kollegen- und Bekanntenkreisen werden ihm morgen mancherlei Zeichen der Wertschätzung zuteil werden.

 

 

In obiger Anzeige aus dem Jahre 1909 unterzeichnet Franz Meißner als Wirt der August’s Ruh zusätzlich mit „Prietzel“. Es ist zu vermuten, dass es sich hierbei um seinen Spitznamen handelt. Im Jahre 1927 unterzeichnet er seine Anzeige zum Hutzenomd im „Zeppelin“ wie schon Jahre zuvor im „Deutschen Haus“ nur  mit seinem Spitznamen. Wie wird Franz Meißner zu diesem Spitznamen gekommen sein? Steht dieser im südobervogtländischen Dialekt für ???.

 

Wer beide Artikel zu den Berufsjubiläen aufmerksam gelesen hat, wird festgestellt haben, dass im zweiten seine Station in der „Deutschen Flotte“ nicht aufgeführt wurde. Sehen wir es der Redaktion nach und behalten wir uns unseren kritischen Blick auf die Vielzahl der täglichen Meldungen in den heutigen Medien.

 

Nachfolgend eine Aufstellung über die in den Jahren 1906-1914 ausgeschenkten Biere, für die Franz Meißner Schankgewerbesteuer zu entrichten hatte. Sie zeigt, dass er in diesen Jahren recht stabil seine Gäste mit Bier versorgte. In den ersten Jahren verkaufte er hauptsächlich das Einfache. Ab 1911 verlangten seine Gäste mehrheitlich das Lagerbier. Was wird hierfür die Ursache gewesen sein? Da sich diese Veränderung bereits 1910/11 abzeichnete, kann es nicht an seinem Wechsel in das „Deutsche Haus“ gelegen haben. Der deutliche Einbruch im Jahre 1914 hängt mit Sicherheit mit dem Beginn des 1. Weltkrieges zusammen.

 

Jahr

Einfach in l

Lager in l

Böhmisch in l

Summe in l

1906

26.398

214

0

26.612

1907

24.697

3.031

417

28.145

1908

31.068

5.601

699

37.368

1909

24.148

7.492

778

32.418

1910

18.247

15.058

716

34.021

1911

11.493

22.374

0

33.867

1912

8.270

22.628

998

31.896

1913

4.583

31.114

1.531

37.228

1914

2.949

24.879

2.176

30.004

 

 

 

Foto A. Hörr 2014

 

 

 

 

Ehemals Gasthaus „Deutsches Haus“ links neben der ehem. Leder-Fabrik

Foto A. Hörr 2014

 

 

Ehemals Gasthaus „Zur deutschen Flotte“

Foto A. Hörr 2003

 

Ehemals Restaurant Graf Zeppelin

Foto A. Hörr 2014

 

 

Es verwundert nicht, dass jemand, der über 30 Jahre als Gastwirt in Adorf tätig war, auch im Gastwirtsverein eine führende Rolle einnahm. Dieser Verein hatte einen nicht zu unterschätzenden Einfluss bei der Vergabe von Schankkonzessionen durch die Stadtverwaltung.

 

 

Im Adressbuch von 1942 wird Franz Meißner noch als Wirt im „Zeppelin“ in der Hindenburgstr. 8 genannt.

Mit dem Ende des 2. Weltkrieges muss das Pachtverhältnis von Franz Meißner im „Zeppelin“ geendet haben. Es ist zu vermuten, dass er zu diesem Zeitpunkt auch das Rentenalter erreicht haben könnte. Belegt ist das Ende des Pachtverhältnisses durch ein Schreiben von Kurt Thomä vom 8. September 1945. In diesem erklärt er gegenüber dem Bürgermeister von Adorf, dass er die Pacht der Gastwirtschaft, die bisher von Franz Meißner betrieben worden ist, übernommen hat und um eine entsprechende Schankerlaubnis nachsucht.

Gegen diese gab es  keine Bedenken. Wenn doch, würde nachfolgendes Schreiben vom 6. Mai 1946 vom Bürgermeister an Herrn Kurt Ehregott Thomä, August-Bebel-Straße 8 keinen Sinn machen.

 

Betr.: Äußere Beschriftung

Nachdem Sie sich auf unsere Aufforderung vom 18.10.45 bereit erklärten, im Zuge der Bereinigung unseres öffentl. Lebens von nicht  mehr zeitgemäßen Namen die von Ihnen im Hause August Bebelstraße 8 betriebene Gastwirtschaft mit dem Namen "Goldener Stern" zu belegen, ersuchen wir Sie, nunmehr auch die alte äußere Beschriftung, auf den Namen "Zeppelin" lautend, zu beseitigen.

Von der erfolgten Durchführung unseres Ersuchens wollen Sie uns bitte schriftlich bescheiden.

 

Ob und wie die Umbenennung jemals optisch erfolgte, ist nicht bekannt. Im Sächsischen Landesadressbuch von 1948 ist der „Goldene Stern“ in der August-Bebel-Straße 8 unter der Rubrik Gaststätten noch aufgeführt. Für wie lange, ist bisher nicht bekannt.

 

Vielen Dank an Peter Jacob für die Anregung zu diesem Artikel.

 

Klaus-Peter Hörr

April 2020