Vogtländische Perlmutterwarenfabrik, Hirschmann u. Co.

 

Neben den großen Perlmutterwarenfabriken existierten in Adorf immer wieder auch kleinere Firmen, die mit speziellen Artikeln oder günstigen Preisen Nischen am hart umkämpften Markt besetzen wollten.

 

Eine von ihnen war die Vogtländische Perlmutterwarenfabrik, Hirschmann u. Co. mit Sitz in der Karolinenstraße 50 in Fürth/ Bayern.

Der erste Hinweis auf diese Firma stammt aus dem Jahre 1924 im Adorfer Grenzboten. Hier suchte die Firma per Zeitungsanzeige tüchtige Zuschneider bzw. einen kaufmännischen Lehrling bei kleiner Vergütung. Als Anschrift wurde die Markneukirchner Straße 63 angegeben.

 

 

Dies lässt darauf schließen, dass Kaufleute aus Fürth Interesse an vogtländischen Perlmutterwaren hatten und diese in Adorf nicht kaufen, sondern selbst fertigen lassen wollten.

Einen Hinweis auf das Sortiment des Unternehmens gibt eine Eintragung in das Musterregister des Amtsgerichtes Fürth vom 15. September 1924. Hier wurde für zwei Muster von Zigarettenetuis aus Holz in Perlmutter gefasst und ein Nadelkästchen, das gleichfalls in Perlmutter gefasst war, für drei Jahre Musterschutz beantragt.

Im Jahre 1930 war das Unternehmen auf der Frühjahrsmesse in Leipzig vertreten.

 

Im Mai 1932 veröffentlichte das Amtsgericht Fürth, dass die Offene Handelsgesellschaft Vogtländische Perlmutterwarenfabrik Hirschmann & Co. mit Sitz in Fürth aufgelöst wurde und nun als Einzelfirma mit dem Inhaber Alfred Lorbeer, Fabrikant in Adorf i. V., weitergeführt wird. Der Sitz der Gesellschaft wurde nach Adorf i. V. verlegt. Die ehemaligen Eigentümer waren Sigmund und Walter David Hirschmann. Nachfolgend die entsprechende Handelsregistereintragung beim Amtsgericht Adorf.

 

 

Interessant hierbei ist, dass in den Adressbüchern von Adorf der Jahre 1925, 1937 und 1942 Alfred Lorbeer unter der Anschrift Markneukirchner Straße 63 als Perlmutterarbeiter geführt wird. Das lässt vermuten, dass Herr Lorbeer für die Herren Hirschmann in Adorf die Fertigung organisierte und 1932 das Geschäft übernommen hat. Wie lange es in Adorf bestand ist aktuell nicht bekannt.

Im Fernsprechbuch von 1933 ist die Firma noch in Fürth unter Maxstraße 44 aufgeführt. Der Grund hierfür kann darin liegen, dass die Veränderungen im Unternehmen nach dem Redaktionsschluss für das Telefonbuch erfolgten.

 

Laut Information von Peter Jacob befand sich die „Perlmutterwarenfabrik“ im Hinterhaus der Markneukirchner Str. 63. Hier waren zeitweise bis zu 24 Arbeiter beschäftigt. Das Hinterhaus war mit einem Fabrikgebäude nicht unbedingt zu vergleichen und die Arbeitsbedingungen sehr schwer. Das Schleifen der Perlmutterschalen war eine staubige Angelegenheit und entsprechende Absaugungen noch nicht vorgeschrieben. Bei den Eigentümern der Firma soll es sich um jüdische Kaufleute aus Fürth gehandelt haben, die Deutschland nach 1933 in Richtung Schweden verlassen mussten. Die Räumlichkeiten in Adorf sollen nicht in ihrem Besitz gewesen sein. Weitere Recherchen zu den Kaufleuten Hirschmann sind aufwendig, da der Name weit verbreitet ist und nähere Informationen zu den Personen nicht bekannt sind.

 

Ergänzungen zum Stand Mai 2022 ergab ein Zufallsfund in den Polizeiunterlagen der Stadt Adorf im Historischen Archiv des Vogtlandkreises.

 

 

 

 

 

 

Die oben aufgeführten fünf Briefbögen bzw. Vordrucke für Mitteilungen aus einem Zeitraum von gut drei Jahren haben alle ein unterschiedliches Design inkl. unterschiedlicher Inhalte.

 

·      In der Mitteilung vom 23. Februar 1925 sehen wir, dass die Firma in Fürth ansässig ist und man aber auf eine Postanschrift verzichtet. Die Änderung des Vordruckes auf Adorf deutet darauf hin, dass der Standort in Adorf nicht der Firmensitz sondern eine Betriebsstätte ist.

·      Der Briefbogen vom 4. Januar 1925 ist etwas anders aufgebaut als das Mitteilungsformular und informiert zusätzlich, dass man in Adorf produziert und in Fürth sich das Büro und das Musterlager befindet. Weiterhin gibt es den Hinweis, dass die Firma auch im Exportgeschäft tätig ist.

·      Das Mitteilungsblatt vom 19. Juni 1925 hat nun auch die Postanschrift Karolinengasse 50 und den Hinweis darauf, dass man zur Leipziger Messe im Meßpalast (Messepalast) Specks Hof im II. Geschoß Stand 360/61 zu finden ist.

·      Au dem Briefbogen vom 19. März 1928 finden wir nun zusätzlichen Hinweis auf die Messeteilnahme in Leipzig. Der Messestand ist weiterhin der gleiche wie im Jahre 1925. Geändert hat sich inzwischen die Telefonnummer. Die jeweiligen Änderungen des Ortes beim Datum deuten darauf hin, dass in Adorf im gewissen Umfange auch Büroarbeiten im Zusammenhang mit dem Fertigungsstandort durchgeführt wurden.

·      Auf dem Mitteilungsformular vom 6. Juni 1928 änderte man die Schriftart und aktualisierte auch die Telefonnummer.

 

Bei einer am 1. Dezember 1930 von der Polizeiwache Adorf durchgeführten Kontrolle wurde festgestellt. Dass in dem Unternehmen aktuell zwei großjährige, ein minderjähriger und ein jugendlicher Arbeiter beschäftigt sind.

Inhaber der Firma wären die Herren Siegmund und Walter Hirschmann aus Fürth und Adorf i. V. Diese geringe Mitarbeiterzahl belegt, dass dieses Unternehmen eher einem kleinen Handwerksbetrieb zuzuordnen ist.

 

Haben Sie noch weitere Informationen zu dieser Perlmutterwarenfabrik? Ich würde diese gerne ergänzen.

 

Klaus-Peter Hörr

Mai 2022

Aktualisierung August 2024