Adorfer Perlmutterwarenfirmen auf der Sächsisch- Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung 1897 in Leipzig

 

Ein anschauliches Bild über die Leistungsfähigkeit Adorfer Perlmutterwarenfabriken zum Ende des 19. Jahrhunderts zeichnet nachfolgender Bericht aus dem Leipziger Tageblatt und Anzeiger vom 27. September 1897. Interessant ist neben der breiten Produktpalette auch die Beschreibung der Art und Weise der Präsentation der Ausstellungsstücke. Ob es von den Produktpräsentationen auch Fotos gibt? Wenn ja, in welchem Karton oder Köfferchen werden diese heute wohl schlummern? Mit Absicht wurde die damals verwendete Schreibweise übernommen.

 

„Von der reich entwickelten Perlmutterwaren-Industrie unserer engeren Heimath giebt unsere Ausstellung ein vorzügliches Bild. Wir haben in früheren Berichten bereits mehrere der bekanntesten Firmen genannt und fügen heute noch einige weitere bedeutende Firmen hinzu. Ganz reizend haben die Perlmutterwaarenfabriken von Crosinsky & Eisenack, Berlin und Adorf, ihre Ausstellung arrangiert. Ein großer Glasschrank ist in zwei Theile getheilt, die rechte Abtheilung enthält fertige Perlmutter-Waaren, wie Portemonnaies, Schiffchen, Wandbilder, Standbilder, Uhrgehäuse, Schmuckkästchen, Handspiegel etc. Die Linke Abtheilung ist in ein Aquarium verwandelt, auf dessen Grunde sich Muscheln in allen Größen und Formen finden, im Wasser tummeln sich Goldfische und auf dem Wasser schwimmt ein Perlmutterschiff mit gehißten Perlmuttersegeln. Die Wände sind mit Muscheln ausgekleidet, die in allen Farben schillern. Schiffchen, Vasen Schreibzeuge, Messer, Büchsen, Bürsten Portemonnaies, Brochen, Bilderrahmen u. s. w. finden wir in reicher Auswahl und geschmackvoller Ausführung bei der Ausstellung der Perlmutterwaarenfabrik von J. H. Rauch (Rauh) in Adorf. Sehr hübsch sind auch die mit Perlmutter belegten Schatullen, die als Specialität fabriciert werden. Der Glaspavillon der 1854 gegründeten Perlmutterfabrik von F. A. Schmidt & Sohn in Adorf läßt an Vielseitigkeit seines Inhalts nichts zu wünschen übrig. Er enthält elegante Schmuckkästchen, Etuis, Tintenlöscher etc. mit Perlmuttereinlagen, Photographie-Albums, Andenken an Leipzig, Brochen, Schiffchen, Bürsten, Schreibzeuge, Wandteller, Bilderrahmen mit den Bildern Kaiser Wilhelm’s I. und der Kaiserin Augusta. Weiter finden wir hübsche Serviettenringe, Messer, Gabeln, Uhrgehäuse, Aschenbecher, Handspiegel, Thermometerständer etc. Bein- Elfenbein- Muschel- und Perlmutterartikel, sowie verschiedene Luxusgegenstände mit Gravierungen und Malereien bringt E. J. Pohle in Erfurt. Unter den zahlreichen von Sándor Descényi in Altona-Hamburg, dem Exporteur und Vertreter von Adorfer Perlmutterwaaren, Thüringer Porzellan (gemalt) und Steinschmuckwaaren, ausgestellten Gegenständen seien hier nur die niedlichen Armbänder, Armringe und Broschen hervorgehoben. Erwähnenswerth ist ferner die reichhaltige Ausstellung der Perlmutterwaaren-Fabrik, Beinschitzerei und Gürtlerei von Joh. Blach in Adorf.“

 

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Foto Perlmutter- und Heimatmuseum Adorf

 

Der obige Artikel informiert auch darüber, dass Adorfer Perlmutterwarenproduzenten mit Sándor Descényi in Altona-Hamburg zu jener Zeit einen Exporteur und Vertreter für ihre Waren hatten und somit nicht alle Geschäfte selber anbahnten und abwickelten. Eine Tatsache, die auch heute eine übliche Angelegenheit darstellt.

Die Firmen Louis Nicolai und F. A. Schmidt & Sohn wurden auf dieser Ausstellung mit der silbernen Medaille der Stadt Leipzig ausgezeichnet.

 

Auf der gleichen Ausstellung war auch die Firma Gebr. Kirmse aus Adorf mit einem „Zimmer-Schießstand, vielseitiges Unterhaltungsspiel mit Kugelautomat für Restaurants, Kaffees und Kasinos“ vertreten. Für diesen Zimmer-Schießstand wurde am 21. April 1897 ein Gebrauchsmusterschutz  eingetragen. Wer weiß mehr zu dieser Firma und seinen Produkten? Ich schließe nicht aus, dass es sich hierbei um die gleichnamige Korsettfabrik aus der Bahnhofstraße mit zwei unterschiedlichen Produktgruppen handeln könnte. Gerne würde ich hierrüber in einer der nächsten Ausgaben berichten.

 

Klaus-Peter Hörr