Mein Voigtlandwald

 

Bei Recherchen stieß ich in einer Veröffentlichung aus dem Jahre 1867 zufällig auf das nachfolgende Gedicht „Mein Voigtlandwald“ von Julius Schanz. Julius Schanz (*1828 Oelsnitz i.V., † 1902 Leipzig) war ein Zeitgenosse von Julius Mosen, mit dem er oft in einem Atemzug genannt wurde. 1867 war Schanz Professor für deutschen Sprache und Literatur an der Universität zu Como in Oberitalien.

Laut „Gesänge aus zwei Jahrzehnten“ von Julius Schanz mit dem Untertitel „Zum Besten eines Denkmals für Julius Mosen“ aus dem Jahre 1868 wurde das Gedicht 1865 in Florenz erschaffen. Später wurde dieses Gedicht für Männerchöre vertont. Auf dem Vogtländischen Sängertag im August 1906 in Auerbach wurde von den Massenchören als Neuheit „Mein Vogtlandwald“ vorgetragen. Auch Reinhold Becker schätzte diesen Text und seine Vertonung.

In seinem Werk „Reinhold Beckers Leben“ von Dr. Oskar Fischer aus dem Jahre 1932 lesen wir im Kapitel Werke des Meisters – unter Männerchöre folgendes:

 

„Das vierte Chorlied des op. 74 ist ein Heimatlied edelster Art, und wenn auch dafür der weiteren Verbreitung wegen der Haupttitel „Mein Heimatwald“ gewählt wurde, so ist der Untertitel „Mein Vogtlandwald“ wohl der ursprüngliche des Gedichts von Julius Schanz gewesen. Seiner vogtländischen Heimat, die der Meister bis an sein Ende so innig liebte und die auf ihn so stolz war, hat Becker hier ein köstliches Preislied gesungen.“

 

Mein Voigtlandwald

 

Wie ragen die Tannen so hoch und so frisch

Auf den Bergen empor, wie rauscht’s im Gebüsch!

Wie blitzet die Elster im schattigen Hain,

Wie schmettern die Vögel so lustig darein!

Dich lieb ich allein! O mein Voigtlandwald,

Von Männergesang und Musik durchhallt,

Mein grüner, mein herrlicher Voigtlandwald!

 

Inmitten der Forellen, inmitten der Höh’n,

Wie blühen und lächeln die Thäler so schön;

Es klappert die Mühlen am sprudelnden Bach

Und rufen vergangene Tage mir wach!

O Jugendzeit! O mein Voigtlandwald,

Wie hab‘ ich vordem dich verlassen so bald, -

Mein grüner, mein herrlicher Voigtlandwald.

 

Vom Auge schimmert die Thräne mir hell,

Gedenk‘ in der Stunde, gedenk‘ in der Stell‘

Wo das himmlische Weib in geflügelten Schritt

Auf weißem Zelter vorbei mir ritt:

Poesie! Poesie! - O mein Voigtlandwald,

Es klingt die Schalmei und das Jagdhorn schallt,

Mein grüner, mein herrlicher Voigtlandwald“

 

Die Männer voll Hochsinn, sie halten am Recht,

Die Mütter voll Stolz auf ein blühend‘ Geschlecht,

Die Jungfrauen feurig, die Jünglinge stark,

Die Mädchen voll Liebe, die Knaben voll Mark,

Und die Herzen so treu! – O mein Voigtlandwald!

Du nährest nicht Menschen in Knechtesgestalt,

Mein grüner, mein herrlicher Voigtlandwald!

 

Im Krug an der Straße, da kehren wir ein,

Bei des Wirthes holdseeligem Töchterlein,

Sie reicht das Glas mit dem schäumenden Trank,

Und nicket und blicket – hab‘ Dank, o hab‘ Dank!

Thu‘ dem Landsmann bescheid! O mein Voigtlandwald,

Was übt so ein Äuglein für Zaubergewalt,

O mein grüner, mein herrlicher Voigtlandwald.

 

Vom Thurme geleitet der Glocken Gesang

In des Sonntags Frühe zum Kirchlein entlang:

Und ringsum das Kirchlein – der schweigende Hain,

Er ladet die Müden zum Frieden ein.

Dich liebe ich allein! – O mein Voigtlandwald!

Sing‘ du mich in Ruh, wenn die Harfe verhallt.

Mein grüner, mein herrlicher Voigtlandwald!

 

Wer dieses Gedicht gelesen hat, kann weder an der Schönheit des vogtländischen Waldes noch an der Heimatliebe des Dichters zweifeln. Es muss zu Zeiten erschaffen worden sein, in denen Borkenkäferbefall, Schnee- und Windbruch bzw. Waldumbau noch „Fremdworte“ gewesen sind.

 

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Ob das Lied vom bzw. über den Voigtlandwald von den Wanderfreunden des Gewerbevereins auf ihrem Ausflug im Jahre 1909 auch gesungen wurde? Wenn nicht, kann dies ja beim nächsten Ausflug nachgeholt werden.

 

Bis bald im Voigtlandwald

Klaus-Peter Hörr