Sicher ist sicher mit einer Brandversicherung aus Gotha

 

Wer in die Geschichte der Stadt Adorf schaut, wird schnell zu der Erkenntnis kommen, dass zumindest in den früheren Zeiten der Abschluss einer Brandversicherung sehr von Vorteil war. Die Berichte über kleinere und größere Stadtbrände informieren regelmäßig, dass geschädigte Personen nicht oder nur unzureichend gegen Feuer versichert waren und oft ihr gesamtes Hab und Gut verloren.

In den Versicherungsunterlagen der Feuerversicherungsbank für Deutschland zu Gotha der Jahre 1824 – 1870 aus dem Familienarchiv von Ulf Merkel sind auch eine größere Anzahl aus Adorf erhalten geblieben. Mit ihren Angaben zum Versicherungsnehmer, dessen Beruf, Wohnanschrift, Hauseigentümer sowie Angaben zur Nutzung der Häuser, deren Bauweise inkl. Nachbarhäuser, Straßenbreiten und nächsten Wasserstellen beinhalten diese Versicherungsanträge eine Vielfalt von historischen Informationen zu den Versicherungsnehmern aber auch zur Stadtgeschichte.

 

Zu einer vergleichenden Betrachtung habe ich mir die beiden Anträge von Bürgermeister Karl Todt vom 16. Februar 1835 und von Friedrich August Schmidt, den Begründer der Perlmutterwarenindustrie in Adorf, vom 15. Mai 1856 ausgewählt.

 

Interessant sind die von beiden Herren in den Versicherungsanträgen angegebenen Adressen.

 

Bürgermeister Karl Todt gibt am 16. Februar 1835 als Anschrift das Haus mit der Brandkatasternummer 25.1 am Markt an, welches im Besitz des Tuchmachermeisters Heinrich Gottlob Schopper ist und auch als Interimsrathaus genutzt wird. Das ehemals auf dem Nachbargrundstück links befindliche Rathaus war am 12. Juli 1768 abgebrannt. Ich gehe davon aus, dass das laut Antrag bezeichnete Haus mit der Nr. 25.1 die Nummer 251 war. Laut einem Stadtplan von 1835 ist es heute das Haus rechts neben der ehemaligen Poliklinik gewesen sein. Somit wohnte Bürgermeister Todt an seinem Arbeitsort im damaligen Interimsrathaus. Wie lange wird dieses Haus als Interimsrathaus gedient haben?

 

Friedrich August Schmidt hatte seine Brandversicherung nur knapp 4 Monate vor dem großen Stadtbrand vom 10. September 1856 abgeschlossen und war von diesem nach meiner Auffassung nicht betroffen. Laut seinem Versicherungsantrag vom 15. Mai 1856 wohnte er im Hause des Instrumentenfabrikanten J. G. Jehring mit Brandkatasternummer alt 47 neu 17. Ein Blick auf alte Stadtpläne zeigt, dass die angegebenen Brandkatasternummern keinen Sinn machen. Ich gehe davon aus, dass es alt 17 und neu 47 heißen muss. Im Stadtplan von 1835 ist das Haus Nr. 17 auf dem Markt das dritte Haus rechts neben der Freiberger Straße und war laut Stadtplan von 1856 die Nr. 49, welches dem in Antrag aufgeführten Hauseigentümer Jehring gehörte. Dieses Grundstück wurde nach meiner Auffassung für den Bau des heutigen Rathauses mit einbezogen.

 

Nachfolgende Positionen wurden von beiden Herren versichert:

 

 

 

 

 

Bei obiger Auflistung ist zu beachten:

 

1.  Die beantragte Versicherungssumme bei Bürgermeister Todt beträgt laut Antrag 1.430 Thaler. Es wurde anscheinend aufgerundet.

2.  Die lfd. Nr. 3/4/5 bei F. A. Schmidt betreffen Handelsware seines Geschäfts.

3.  Bei F. A. Schmidt werden zu diesem Zeitpunkt noch keine Perlmutterwaren erwähnt.

4.  Der Wert der Thaler wird bei Bgm. Todt im 20-Gulden-Fuße angegeben und bei F. A. Schmidt im 14 Thaler-Münzfuße. Da die Thaler 1835 aus 17,5 g und 1856 aus 16,7 g Silber  bestanden, kann man die Versicherungssummen nicht 1:1 vergleichen. In Silber umgerechnet sind es in Summe 25.025 g Silber 1835 vs. 25.050 g Silber 1856 und damit in Silber gesehen fast die gleichen Versicherungssummen.

 

Schauen wir uns die versicherten Positionen weiter an, so fallen weitere größere Unterschiede auf.

Mehr als 50 % der Versicherungssumme bei Bürgermeister Todt entfallen auf 18 Bücher bzw. Musikalien. Hier sieht man, welchen Wert Bücher damals hatten. Heute sind sie in der Regel Massenartikel und vielfach nach kurzer Zeit nur noch mit großen Preisnachlässen zu verkaufen.

Es ist anzunehmen, dass zu jener Zeit F. A. Schmidt einen größeren Teil seines Kapitals in die Warenbestände seines Geschäfts gesteckt hatte und gegenüber Bürgermeister Todt einen nicht so reichhaltigen Hausstand besaß. Nachfolgende Anzeige aus dem Jahre 1858 zeigt, womit er vor seiner Zeit als Perlmutterfabrikant so alles handelte.

 

 

Die Angaben in den Anträgen mussten von der Stadtverwaltung als sachlich richtig bescheinigt werden. Diese betreffen hauptsächlich die baulichen Aspekte der Gebäude und Angaben zu den in diesen Gebäuden ausgeführten Gewerbe.

 

Leider befinden sich keine Aktualisierungen der Versicherungsverträge aus späteren Jahren dieser beiden verdienstvollen Bürger der Stadt Adorf in den Unterlagen. Es wäre interessant zu wissen, wie sich der Umfang der versicherten Güter über die Jahre entwickelt hat und ob sie eventuell später einmal die Wohn- bzw. Geschäftsanschrift wechselten.

 

Vielen Dank an Herrn Ulf Merkel für die zur Verfügung gestellten Unterlagen.

 

Klaus-Peter Hörr