Gürtlermeister Gottlob Julius Ebner

 

In mehreren Quellen wird der Gürtler Julius Ebner in Adorf als einer der ersten Perlmutterwarenhersteller im Vogtland genannt. So schreibt Professor E. Kaiser aus Plauen in seinem Text: „Zum 75jährigen Bestehen der vogtländ. Perlmutter-Industrie“ wie folgt:

 

„… Die älteste Firma in Adorf, gegründet von Buchbinder F. A. Schmidt, verwendete in den Jahren 1861-72, also innerhalb von 12 Jahren, 8.300 Stück Elsterperlmuscheln. Aber bereits die im Jahre 1858 entstandene Konkurrenzfirma Julius Ebner (Gürtlermeister) und Ernst Schmalfuß (Klappenmacher) bezog ihre Muschelschalen aus Rehau in Bayern und später aus der Oberpfalz, so im Jahre 1869 nicht weniger als 100.000 Stück…“

 

An obigen Zahlen, deren Quelle leider nicht genannt wurde, ist ersichtlich, wie langsam sich dieser neue Handwerkszweig entwickelte. In ca. 10 Jahre nach Beginn der Perlmutterwarenherstellung verarbeitete F. A. Schmidt im Durchschnitt 700 Muscheln pro Jahr. Da die Flussperlmuschel in Sachsen unter einem Königlichen Regal (Hoheitsrecht) stand, war die Verwendung der Muscheln unter Beachtung des Interesses an der Perlenfischerei sehr eingeschränkt. So gingen Julius Ebner und Ernst Schmalfuß den Weg, sich diese Muscheln aus Bayern und der Oberpfalz zu beschaffen.

 

Was wissen wir über Julius Ebner?

 

Am 29. Mai 1858 zeigte der Gürtler Julius Ebner in der Adorfer Zeitung „Der Grenzbote“ an, dass er sich in Adorf als Gürtler etabliert habe und dass er sich für alle seine einschlägigen Artikel bestens empfehle und billigste Preise versprach. Gleichzeitig zeigte er an, dass er fortwährend altes Kupfer, Messing und Blei kaufe, also die typischen Materialien für seine Zunft.

 

 

Von einer Herstellung von Perlmutterwaren ist hier nicht die Rede. Im Dezember 1858 preist er in der gleichen Zeitung ein breites Sortiment seiner Erzeugnisse ohne Hinweis auf Perlmutterwaren als Weihnachtsgeschenke an.

 

 

Auch im April  1860 ist von Perlmutterwaren keine Rede. Natürlich kann es sein, dass die unten aufgeführten Artikel teilweise mit Perlmutter belegt waren. Wenn ja, warum hat er dies dann nicht erwähnt? Es wäre ein deutlicher Unterschied zu den Waren seiner Mitbewerber gewesen.

 

 

Am 30. April 1862 wird in das Handelsregister am Königl. Gerichtsamt in Adorf unter Fol. 36 die Firma Julius Ebner eingetragen. Das Geschäftsfeld wird leider nicht erwähnt. Im Jahre 1883 wird diese Firma nicht mehr als im Handelsregister stehende Firma genannt.

 

 

Was machten Ebner und auch Schmalfuß mit den von Prof. E. Kaiser aus Plauen genannten großen Mengen an Perlmuscheln aus Bayern und der Oberpfalz? Verkauften sie diese direkt an die sich entwickelnden Perlmutterwarenfirmen aus Adorf mit eigenen Vertriebskanälen? Ich schließe auch einen Druckfehler nicht aus. Bisher sind keine weiteren Informationen über eine Tätigkeit im Perlmutterwarengeschäft bekannt. Für temporäre Gürtlerdienstleistungen (Anbringung von Scharnieren oder Schließmechanismen an den Perlmutterportemonnaies u. ä. Arbeiten) hätte Ebner keine eigenen Perlmuscheln aus Bayern kaufen müssen. Hat er diese ev. für die Firma F. A. Schmidt exklusiv gekauft?

 

Am 14. August 1864 heiratete Gottlob Julius Ebner, Bürger und Gürtlermeister in Adorf und erster Sohn des Meisters Christian Gottlob Ebner, Bürger und Tuchmacher in Adorf, die Jungfrau Christiane Auguste Gläsel, 4. Tochter von Johann Georg Adam Gläsel, Bürger und Einwohner in Kessel.

 

Am 5. Januar 1867 teilten Julius und Auguste Ebner geb. Gläsel mit, dass ihr Sohn Theodor mit knapp zwei Jahren verstorben ist. Das ist die aktuell letzte Information über Julius Ebner aus Adorf.

 

In mehreren Quellen von 1883-1892 wird ein Sparkassenkassierer Gottlob Julius Ebner in Adorf erwähnt. Dieser verstarb im Juli 1892. Ob der Gürtler in den öffentlichen Dienst wechselte oder ist dieser ein Nachkomme bzw. Namensvetter des Gürtlers Gottlob Julius Ebner. Es wird nicht einfach, dies eindeutig zu klären.

 

 

Aktualisierung 2. März 2025

 

Ein im Historischen Archiv des Vogtlandkreises in Oelsnitz  neu aufgefundenes und ausgewertetes  Dokument gibt einige Antworten, Konkretisierungen bzw. Bestätigungen  auf bisher offene Fragen oder unbestätigter Aussagen.

 

Am 16. Juli 1860 schreibt Perlenfischer Moritz Schmerler an das Königl. Forstverwaltungsamt in Auerbach einen Brief betr. des Herangehens von Friedrich August Schmidt aus Adorf an das Königliche Finanzministeriums in Dresden betr. des Bezugs von Elsterperlmuscheln.

 

In diesem weist Perlenfischer Schmerler darauf hin, dass er von 1853-1857 Perlmutterwaren an F. A. Schmidt geliefert hat, die dieser in Bad Elster verkaufte. Nach Beendigung dieser Lieferbeziehung soll F. A. Schmidt Flussperlmuscheln aus Bayern bezogen haben. Diese ließ er vom Klappenmacher Schmalfuß und Gürtlermeister Ebner aus Adorf verarbeiten.

Als diese nun als Konkurrenten von F. A. Schmidt auftreten, versucht dieser durch einen Direktbezug von Elsterperlmuscheln und eigener Verarbeitung in eine bessere Position zu kommen. Bei dieser Konstellation könnte er seine Waren auch als Produkte aus Elsterperlmuscheln bezeichnen, was zu diesem Zeitpunkt ein Alleinstellungsmerkmal gewesen wäre. Die qualitativen Unterschiede dürften minimal gewesen sein.

 

Klaus-Peter Hörr