Gebirgsverein Adorf und Umgebung |
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In der breiten Vereinslandschaft von Adorf gehörte
der 1880 gegründete Gebirgsverein mit einer über 50jährigen Geschichte zu den
traditionsreichsten Vereinen von Adorf. Seine Aktivitäten waren nicht nur auf
die Mitglieder beschränkt sondern strahlten auch
stark auf die gesamte Stadt und Umgebung aus. Die Geschichte des Vereins lässt sich kaum besser
als mit der Festrede zum 50. Stiftungsfest im Jahre 1930 durch Organist
Günther beschreiben. |
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Hochverehrte Festversammlung! Der Verband der vogtländischen Gebirgsvereine hatte die Freude, in diesem
Jahre eine Anzahl Brudervereine zu ihrem 50. Jubiläum beglückwünschen zu
können. In demselben heimatbegeisterten Jahre 1880, wie der vogtländische Touristenverein in Plauen, der Verkehrs-
und Verschönerungsverein in Netzschkau, der
Naturverein Falkenstein und der Gebirgsverein „Sommerfrische“ Schöneck, sind
auch die Gebirgsvereine zu Adorf und Markneukirchen entstanden. Ihr Geburtstag fällt
in eine Zeit, als nach der Einigung aller deutschen Stämme mit dem
wirtschaftlichen Aufschwung überall in unseren vogtländischen
Städten eine Menge gemeinnütziger Vereinsgründungen einsetzte, die sich durch
ihre edlen Bestrebungen und dank der für alles Gute und Schöne sich begeisternden
Männer und Frauen bis auf den heutigen Tag erhalten haben. 50 Jahre! Ein
ereignisvoller Abschnitt in der Geschichte unseres Volkes, unserer Stadt, wie
auch unseres Vereins, der uns zu einem Rückblick reizt, um heute Rechenschaft
abzulegen, was er erlebt und erreicht hat. Die fünf
umfangreichen Aktenbände des Vereins haben mich überzeugt, wie in jener
erhebenden Zeit des nationalen Aufschwunges nach dem Krieg 1870/71 durch
gleichgesinnte Freunde die heilige Flamme des deutschen Nationalgefühls
genährt wurde, die Liebe zur Heimat und zum Vaterlande immer mehr erstarkte
und besonders die Wanderfreude überall erwachte, mit dem Stab in der Hand die
geeinigten deutschen Gaue zu durchstreifen. Ich kann es mir
deshalb nicht versagen, Sie, hochverehrte Anwesende, in folgendem mit der
Vereinsgeschichte etwas näher bekannt zu machen, ist es doch zugleich ein
Stück Ortsgeschichte. Erwarten Sie aber nicht , daß ich Sie mit trockenen Zahlen überschütte und mich zu
sehr in Einzelheiten verliere, die wohl in einer gedruckten Festschrift, die
sich unser Verein leider aus finanziellen Gründen versagen mußte, angebracht wären. Angeregt durch die
Gründung anderer Gebirgs-, Verschönerungs- und Touristenvereine im Vogtlande
und Erzgebirge, versammelte sich am 7. August 1880 im Hotel Schumann, dem
jetzigen Fremdenhof Viktoria, unter dem Vorsitz des
Eisenbahn-Betriebsingenieurs Ernst Prasse eine Anzahl angesehener Bürger
unserer Stadt zur Gründung eines Gebirgsvereines. |
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Die 1. Niederschrift
unterzeichneten: Bürgermeister Kämnitz, Postmeister
Jentzsch, Controlleur Petzold, Buchbindermeister
Aug. Geilsdorf, Bruno Rudert, die Fabrikanten F. A.
Schmidt, Oskar Schmidt, Louis Nicolai, Chr. A. Kolbe, Rich. Bammler, Pfarrer Luther, Apotheker Eberhardt,
Schuldirektor Arnold, Sekretär Aug. Künzel, Kaufmann W. Weniger,
Straßenmeister Kreutz und die Gastwirte Schumann, Ed. Höfer, Joh. Fröba und Arnold Becker. Der Verein hat also die Freude,
noch drei von den ältesten Gründern begrüßen zu können. Dem im Jahre 1877
gegründeten Gebirgsverein für die sächs.-böhm.
Schweiz folgte 1878 der Erzgebirgsverein. Die segensreiche Tätigkeit des
letzteren, die durch die Aufschließung der Gebirgsgegenden, durch Anbringung
von Orientierungstafeln, durch Veröffentlichung von Artikeln über das Gebirge
und seine hervorragenden Punkte in einer Verbandszeitung, besonders aber
durch Errichtung von Aussichtstürmen großes Interesse erweckt hatte, veranlaßte die neugegründete Adorfer
Gruppe, sich dem Erzgebirgs-Verein anzuschließen. Zu den fast zu
gleichen Zeit von Plauen ausgehenden Bestrebungen, auch einen Verband der
damals bestehenden vogtländischen Vereine Plauen,
Greiz, Reichenbach, Auerbach, Falkenstein und Schöneck herbeizuführen,
verhielten sich die Adorfer anfangs passiv,
obgleich sie eine Vorstandssitzung im Oktober 1880 in Oelsnitz besuchten und
auch bei der Gründung des vogtländischen Verbandes,
der dann sogar in Adorf erfolgte, anwesend waren. Erst zwei Jahre später
erfolgte der Austritt Adorfs aus dem Erzgebirgsverein. Im Dezember d. J.
werden es also 48 Jahre, seitdem unser Verein dem Verband die Treue gehalten
hat. Unter der zielbewußten Leitung des ersten Vorsitzenden Prasse ging
der junge Verein frisch ans Werk. Wenn sich auch an der 1. Wanderung am 5.
September nach dem Hohen Stein nur 5 Herren beteiligten, so war wenigstens
der Anfang gemacht worden. Um so eifriger waren die
Monatsversammlungen besucht. Zur Erschließung der näheren Umgebung wurden
nach verschiedenen Richtungen Wegweiser angebracht, auf der Arnsgrüner Höhe eine Ruhebank mit einem Schutzdach
aufgestellt, von hier aus mit dem Elsterer
Verschönerungsverein und der Badeverwaltung der sogen. Kirchsteig nach dem
Staatsbad in einen besseren Zustand versetzt und markiert. 1881-01-28
Schönburger Tageblatt Ein Lieblingsgedanke
Prasses war die Errichtung eines hölzeren
Aussichtsturmes, des nach ihm genannten Ernst-Turmes auf der Remtengrüner Höhe auf Kosten des Vereins. Die auf dem Berndtschen Grundstück errichtete Warte verursachte dem
Verein eine Ausgabe von über 600 Mark, aber sie blieb in der Folgezeit ein
Sorgenkind des Vereins, schon nach seiner Vollendung mußte
auf Einspruch der Behörde das Gebälk noch weiter verstärkt werden, um Wind
und Wetter zu trotzen. Spätere Reparaturen erforderten weitere, nicht
unbedeutende Opfer, so daß man 1890 das
Eigentumsrecht des Vereins aufgab und der Turm nach und nach dem Verfall
entgegenging. Vor kurzem ist er wieder neu erstanden dank der
Opferfreudigkeit des jetzigen Besitzers. Einen gleichen Mißerfolg hatte der Verein mit der Errichtung des
Julius-Turmes auf der Bergener Höhe, zu dessen Bau
der frühere Gutsbesitzer Julius Roßbach in Bergen freiwillig Grund und Boden
und das Bauholz bewilligte, der Gebirgsverein zu Adorf aber Herstellungs- und
Unterhaltungskosten übernahm. 1882-09-23
Freiberger Anzeiger und Tageblatt Wer von Arnsgrün aus die im Westen zwischen Gettengrün
und Weidigt sich erhebende Bodenwelle erblickt mit
den Bäumen drauf, sei daran erinnert, daß auch hier
einmal eine Aussichtswarte stand. Es ist
bewundernswert, was der Gebirgsverein in den ersten Jahren seines Bestehens
alles schuf. Leider ging Prasse, der sich durch seine Energie wie durch sein
freundliches Wesen viele Freunde erworben hatte, Ende März 1882 aus Adorf
fort. Aus Dankbarkeit ernannte man ihn zum 1. Ehrenmitgliede. Sein Nachfolger war
der bisherige Schriftführer Schuldirektor Arnold, ein temperamentvoller Herr,
auch bekannt als Commandant der neugegründeten Freiw. Feuerwehr. In die damalige Zeit
fällt der Ausbruch eines Feuers im alten Gasthof zum „Blauen Engel“, am 14.
Februar 1882 durch das die ganze südliche Vorstadt an der Elsterstraße und
der größte Teil der am Pfortenberg liegenden Häuser vernichtet wurde. Das
Ereignis gab dem Verein Gelegenheit zur Anpflanzung der jetzigen Anlagen. Zur gleichen Zeit
begann man mit der Erbauung eines Fußsteiges, der sich an der Karlsgasse auf
dem Gelände längs der Eisenbahnstrecke der Linie Reichenbach – Eger bis nach
Mühlhausen hinzieht und noch heute im Volksmund der Gebirgsvereinsweg nach
Bad Elster genannt wird. Welche Schwierigkeiten mit den Grundstücksbesitzern,
besonders aber mit der Eisenbahnbauverwaltung, zu überwinden waren, davon
gibt das umfangreiche Aktenmaterial des Vereins ausführlich Kenntnis.
Schwierigkeiten mußten noch einigemale
überwunden werden, als später der Verbindungsweg von der Staatsstraße aus, an
der Eisenbahn vorüber, über die Talwiese, die die
Stadt Adorf ankaufte, nach der Staudenmühle eröffnet wurde, wozu sich die Erbauung
einer Holzbrücke über die Elster notwendig machte und dann auch die
Anpflanzung schattenspendender Bäume kam. Daß in
den letzten Jahren endlich der Wunsch in Erfüllung ging, unweit des
Eisenbahnviaduktes den Mühlhausener Bach bequemer
zu überschreiten und eine bessere Verbindung mit dem von der Badeverwaltung
geschaffenen Hindenburgweg herbeizuführen, hat in unserer Bevölkerung große
Freude hervorgerufen. Mancher ist gewiß schon den
prächtigen Fußweg gegangen, wenn die lästige Staubplage oder die Gefahren des
überhandnehmenden Kraftwagenverkehrs ihn dazu zwangen, und er hat dem
Gebirgsverein, dem er früher angehörte, aus nichtssagenden Gründen den Rücken
gekehrt. Nicht verschweigen wollen wir die Undankbarkeit, die sich öfters in
der Zerstörung jugendlicher Rohlinge oder ungebildeter Menschen zeigte, die,
die Schöpfungen des Vereins mißachtend, Wegweiser
und Bänke demolierten. Sammlung Perlmutter-
und Heimatmuseum Adorf Vergessen wir nicht,
die Anregungen zu erwähnen, die vom Gebirgsverein ausgingen und von ihm zum
Teil auch ausgeführt wurden, z. B. die Bepflanzung des Birkenwäldchens hinter
dem Bahnhof, die Errichtung eines Picknickplatzes im „Alten Hause“, Schaffung
besserer Zugverbindungen, Aufstellung einer Orientierungstafel, Vorarbeiten
zur Fassung der Elsterquelle, Vogelschutz, Herausgabe eines Führers und einer
Orientierungskarte, Aufstellung von Ruhebänken an allen schöneren
Aussichtspunkten, Feststellung eines Wanderplanes. Die notwendige Verbindung
der Mehlthau mit der Bahnhofstraße, die des
Fußweges nach Siebenbrunn, die Bepflanzung des Marktes mit Linden, Errichtung
eines Stadtbades, einer Eisbahn, sind Wünsche aus der ersten Zeit des
bestehenden Vereins. Unvergeßlich bleiben den älteren Mitgliedern die herrlichen Stiftungsfeste des Vereins
mit den abwechslungsreichen Programmen, besonders die Feier des 25jährigen
Jubiläums mit seinem großzügig angelegten Trachtenfeste
in den Räumen des Schützenhauses und der wohlgelungene Maskenball 1907. |
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Auch an außerhalb
des Vereines liegenden Ereignissen nahm der Verein innigen Anteil. Wir denken
an die Beteiligung bei der Weihe unseres Rathauses, bei der Enthüllung des Mosendenkmals in Marieney, bei
der Kirchweihe, und als unser Kriegerdenkmal geschaffen wurde. Gerne und
freudig hat der Verein immer aus seinen beschränkten Mitteln dazu
beigetragen, alles für die Heimat, eingedenk des schönen Wortes aus Archibald
Douglas: „Der ist in tiefster Seele treu, der die Heimat so liebt wie du“! Großen Beifall fand
der Verein durch seine regelmäßigen Wanderungen in die nähere und weitere
Umgebung und darüber hinaus. Die Wanderbücher legen davon beredtes Zeugnis
ab, sie nennen uns die Namen der Führer und die mit Wanderpreis geehrten
Mitglieder. Sie sind zugleich Erinnerungen an gemeinsam verlebte Stunden und
an die dabei geknüpften Bande der Liebe und Freundschaft. Erfreulich ist noch
zu berichten, daß die gemeinnützigen Bestrebungen
auch immer freundliche Anerkennung und Unterstützung der Stadtvertretung
fanden, die Amtshauptmannschaft bereitwilliges Entgegenkommen zeigte, auch
die umsichtige Verbandsleitung bei Lösung größerer Aufgaben ihrer Mithilfe
uns zuteil werden ließ und
der unermüdliche Oberwegmeister des Verbandes uns gerne mit seinem bewährten
Rat betreute. |
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Juni 1909 |
April 1911 |
Oktober 1912 |
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März 1914 |
Juni 1914 |
August 1926 |
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„Wer die Jugend hat,
hat die Zukunft!“ Es ist ein erfreuliches Zeichen, daß
der Verein in der neuesten Zeit auch Jugendpflege treibt. Mit Freuden
vertrauen wir unsere Kinder den Führern unserer Jugendgruppe an, wir wisssen sie in guten Händen, wenn sie unsere Heimat
durchwandern und Einkehr halten in den Herbergen des deutschen Jugendherbergeverbandes, oder sich einem gesunden Sport
hingeben. So sieht sich unser Verein neben seiner sonstigen Tätigkeit am
Ausgang des ersten Halbjahrhunderts vor neue Aufgaben gestellt, auch
mitzuhelfen an der Ertüchtigung unserer deutschen Jugend. |
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Juni 1912 |
Juni 1913 |
Juli 1917 |
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Lassen sie mich,
verehrte Anwesende, meine Rede schließen zunächst mit der Bitte: Helfen Sie mit, das
Schwererrungene zu erhalten, was unsere Väter geschaffen haben. Der
Heimatgedanke marschiert, verhelfen Sie ihm zum Siege! Und noch zuletzt
Worte des Dankes allen, die bis jetzt dem Verein treu geblieben sind,
insbesondere unseren drei noch lebenden Gründern, herzlichen Dank aber auch
über das Grab hinaus denen, die den Wanderstab aus der Hand legen mußten und in eine bessere Heimat wanderten, die den
Verein kürzere oder längere Zeit geleitet haben oder als jeweilige
Stellvertreter der Vorsteher, als Schriftführer und Kassierer, als
Wegemeister, Ausschußmitglieder, Führer und
Führerinnen die Aufgaben des Vereins förderten. Den Vorsitz im
Verein führten im Laufe der Jahre von: 1880-1881
Eisenbahn-Betriebsingenieur E. Prasse 1882-1885
Schuldirektor H. Arnold 1886-1887
Kantor Walther 1888-1889
Schuldirektor Dennhardt 1890
Fabrikant L. Nicolai 1891-1892
Bahnhofsinspektor Lauterbach 1893
Postmeister Heyer 1894-1895
Bahnhofsinspektor Richter 1896-1902
Fabrikant Louis Horlbeck 1903-1904
Rechtsanwalt Hofmann 1905-1906
Postmeister Grießbach 1907-1912
Fabrikant Louis Horlbeck 1913-1927
Oberlehrer Max Stauch 1928-
Postinspektor Arthur Kurze Ehrenmitglieder des
Vereins sind: 1)Eisenbahn-Betriebsingenieur Prasse (1882) 2)Schuldirektor Dennhardt
(1891) 3)Oberlehrer A. Kaiser (1903) 4)Eisenbahnbeamter i. R. R. Rühle (1919) 5)Fabrikant Louis Horlbeck
(1926) 6)Oberlehrer Max Stauch (Ehrenvors.
1928) „Frisch auf!“ ins zweite Jahrhunderthalbjahr hinein! |
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Über den
weiteren Verlauf der Jubelfeier berichtete der Adorfer
Grenzbote wie folgt: „Der Gebirgsverein ehrte seine alten Gründer, wie
auch das treuverdiente Ausschußmitglied
Kretzschmar, durch Überreichung goldener Ehrennadeln. Im Namen der Stadt übermittelte herzliche
Glückwünsche dem Jubelverein Bürgermeister Dönitz, Landmesser Rudolph-Plauen
im Auftrage des Verbandes vogtländischer
Gebirgsvereine und des Touristenvereins Plauen, Oberlehrer Apitzsch für den Brüchnerschen
Verschönerungsverein Oelsnitz, Friedensrichter Ficker für den Gebirgsverein
Markneukirchen, Oberlehrer Wittig im Auftrage des Netzschkauer
Brudervereins. Schützengesellschaft, Turnverein e. V., Militärverein I und
„König Albert“ sowie die M.-G. V. Liederkranz, Lyra, Harmonie hatten A.
Kretzschmar, Kaufmännische Vereinigung und Stenographen-Verein Richard Jurk mit der Uebermittlung von
Glückwünschen und Geschenken betraut, wofür der Vorsitzende allen für die
Geburtstagsgebinde, darunter eine kunstvoll gearbeitete Guitarre,
ein Fotoalbum und Bücher, den besten Dank aussprach. Mit dem vorzüglich gespielten und äußerst humorvollen
vogtländischen Schwank: „Kuraschewasser“ des
Dialektdichters Willy Rudert-Falkenstein, schloß
der erhebende Festabend. Den Ausklang fand das Stiftungsfest am Sonntag in einem solennen
(festlich) Festball mit Ueberraschungen auf dem
Gebiete Terpsichores (tanzfreudiges) durch
Ballettmeister Beck und Tochter aus Plauen mit modernen und
Charakter-Tänzen.“ |
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Organist
Bruno Günther hatte für seine Festrede fünf Aktenordner mit Dokumenten der
Vereinsgeschichte ausgewertet und die Höhepunkte in seine oben wiedergegebene
Rede verarbeitet. Wo werden diese fünf Ordner abgeblieben sein? Sind sie
Bestandteil des Archivs der Stadt Adorf geworden? Sicherlich waren in ihnen
noch eine Vielzahl von interessanten Details zur Vereins- und Stadtgeschichte
enthalten. Regelmäßig wurde auch im Adorfer
Grenzboten über geplante und durchgeführte Veranstaltungen berichtet. Hier
zwei Beispiele über durchgeführte Wanderungen. 15. Juli 1909 Gestern Abend hatte der Gebirgsverein bei
schönem Wanderwetter einen Abendausflug nach der Carolaruh
unternommen, woran sich die Mitglieder nebst Angehörigen in erfreulich
starker Zahl beteiligten. Man benutzte erstmalig den vom Gebirgsverein
gebauten für den Fußgängerverkehr bestimmten Weg, der bei der Eisbahn die
Verbindung zwischen der Elsterstraße und dem alten am Bahngleis hinführenden
Fußweg herstellt. Nach einigen Stunden geselligen Zusammenseins in der Carolaruh trat man allerseits bestens befriedigt den
Heimweg an. So angenehm das Vorhandensein des neuangelegten
Gebirgsvereinswegs vom Publikum empfunden werden wird, so bedauerlich ist es,
daß der Weg vielfach, besonders den aus Jugelsburg
kommenden Leuten, Veranlassung gibt, das Neudelsche
Wiesengrundstück in schonungsloser Weise zu betreten und zu überschreiten, um
zu dem Gebirgsvereinsweg zu gelangen. Es sei vor solchem Tun an dieser Stelle
gewarnt, da für künftig eine schärfere Aufsicht angeordnet worden ist, sodaß unangenehme Folgen aus der Nichtbeachtung des
Verbots entstehen können.“ Über den
Gebirgsvereinsweg entlang der Eisenbahnlinie nach Mühlhausen wurde schon oft
geschrieben, und dies bis in die heutige Zeit. In der Zwischenzeit ist er
professionell als asphaltierter Radweg ausgebaut. Leider hat man dabei einige
Vorschriften unterschiedlich interpretiert. Im Ergebnis dessen „schmücken“
aktuell Verkehrsschilder den Einstig in diesen Weg mit dem Hinweis, dass dort
das Radfahren verboten ist. Mir ist nicht bekannt, dass die Einhaltung dieses
Verbotes jemals kontrolliert worden ist. Eine „never
ending story“. 18. Mai 1911 „Obwohl das Wetter zu einer Wanderung nicht
gerade das allergünstigste war, hatten am Sonntag doch ca. 30 Mitglieder des
Gebirgsvereins der Einladung des Vorstandes über den Hohen Stein nach dem
Gasthaus „Schau mal eini“ gefolgt. Die Partie nahm
einen sehr befriedigenden Verlauf und dürfte den Teilnehmern in angenehmer
Erinnerung bleiben. – Jetzt ist die Baumpflanzung zu beiden Seiten des neuen
Gebirgsvereinsweges bei der Eisbahn beendet. Über 100 junge Bäumchen hat Herr
Paeßler aus den Erträgnissen der vorjährigen Geldsammlung
beschaffen und an dem genannten Wege anpflanzen können, wo sie sich im Laufe
der kommenden Jahre zu kühlen Schattenspendern entwickeln mögen.“ Über den
Turmbau in Remtengrün berichtete ich im März 2020 im Adorfer
Stadtboten. Unten
ein von Peter Walther koloriertes Foto von diesem Turm. Ja, laut diesem Foto
kann man durchaus zu der Ansicht kommen, dass die Standfestigkeit nicht
zwingend auf längere Zeit gewährleistet war. Im Juni 1899 wird im Leipziger
Tageblatt und Anzeiger wie folgt über diesen Turm berichtet: „Der vor längerer Zeit vom Gebirgsverein
Adorf im Orte Remtengrün erbaute und im Laufe der Zeit baufällig gewordene Aussichtsthurm ist vom Restaurateur Berndt daselbst neu
errichtet und am Sonntag dem öffentlichen Verkehr übergeben worden.“ Vom Juli
1890 gibt es auch eine Information darüber, was aus dem oben beschriebenen
Julius-Turm in Bergen geworden ist. Aus Adorf wurde damals wie folgt
berichtet: „Rittergutsbesitzer Roßbach auf Bergen und zu Obergettengrün und dessen verw. Frau Mutter haben in
diesen Tagen den vom Erzgebirgszweigverein Adorf vor acht Jahren an der von
Bergen nach Gettengrün führenden Straße inmitten
einer Kieferngruppe erbauten Aussichtsturm einer umfassenden
Wiederherstellung auf eigene Kosten unterziehen lassen und dadurch ihrem
entschlafenen Vater und Gatten, dem zu Ehren der Bau „Juliusturm“ genannt
ist, einen schönen Beweis ihrer Liebe und Dankbarkeit dargebracht. Der Turm,
600 m über dem Spiegel der Ostsee stehend, gewährt einen herrlichen Ausblick auf über 30
Ortschaften, zahlreiche Berge und ausgedehnte Waldungen und Fluren.“ Mit der Zeit wurde
auch dieser Holzturm baufällig und stand vor dem Abriss. In der Nacht vom
31.7. zum 1.8.1894 erledigten dies Wind und Regen. Hierüber berichtete die Vogtländische Zeitung und Tageblatt aus Oelsnitz am 8.
September 1894 wie folgt: „Der
auf der Höhe zwischen Gettengrün und Bergen
befindliche Aussichtsturm ist in der Nacht zum Mittwoch in sich
zusammengebrochen. Derselbe sollte in diesen Tagen wegen Baufälligkeit
abgetragen werden, nun haben Wind und Regen diese Arbeit erspart. Genannter
Turm wurde zur Erntezeit des Jahres 1882 auf der Höhe (607m) vom
Erzgebirgsverein erbaut, während der verstorbene Rittergutsbesítzer
Herr Julius Roßbach auf Bergen das Holz dazu unentgeltlich lieferte. Unser
„Juliusturm“ hat 12 Jahre lang auf luftiger Höhe gestanden und manchen
Touristen von Weitem gegrüßt oder durch seinen lohnenden Rundblick erfreut;
hoffentlich dürfen wir an der Stelle, wo der „Juliusturm“ stand, bald citiren: „Und neues Leben blüht aus den Ruinen.“ Im Vorfeld einer geplanten gemeinsamen Wanderung des
„Brüchnerschen Verschönerungs- und
Touristen-Vereins Oelsnitz i. V.“ und des Gebirgsvereins Adorf i. V. schieb
Albert Kretzschmar aus Adorf am 23. März 1931 unter dem Titel „Der ehemalige
Juliusturm auf dem Herrnspöhl“ bei Bergen einen
vorbereitenden Artikel, in dem er auch auf die Geschichte des zwei Meter tief
gegründeten und über fünf Absätze 25 Meter hohen Turm eingeht. Dort können wir wie folgt lesen: „… Der Julius-Turm wurde damals vom Gebirgsverein Adorf erbaut.
Das im weiten Umkreise beste Holz hierzu stiftete der damalige
Rittergutsbesitzer Julius Roßbach von Bergen. 17-18 Fuhren waren dazu nötig!
Sein Sohn Hugo, im 70. Lebensjahre stehend, lebt heute noch; durch dessen
Sohn Walter wurde das am 4. Februar 1930 durch Brand zerstörte Rittergut
inzwischen zum größten Teile wieder aufgebaut. Die Aussicht vom Turme war eine umfängliche und anmutige: Fast
genau östlich Remtengrün, Siebenbrunn, Markneukirchen. Den Hintergrund des
Hohen Stein hatten wir schon erwähnt, weiter Eubabrunn,
Wernitzgrün, und in der Ferne die nordböhmischen
Terrassen, Ober- und Untergettengrün, Roßbach, Thonbrunn, Juchhöh, Hainberg, bewaldete Höhen des Fichtelgebirges und des
Frankenwaldes, Mißlareuth, der Stelzenbaum und
Thüringer Vorberge, hinter dem „hohen Kreuz“ Untermarxgrün, der Kulm, Unterlosa,
Kemmlerturm, Voigtsberg, Obermarxgrün, Großfriesen, Droßdorf,
Lottengrün, Tirpersdorf, Pillmannsgrün und Bergen bei Falkenstein, Weidigt, Teile von Freiberg, Ober- und Unterwürschnitz, die Türme der Kirchen von Marieney und Würschnitz, dann Saalig, Schilbach, Schöneck,
Eschenbach, Gunzen und Teile von Breitenfeld und
Wohlhausen, in der Schönecker Richtung der Auersberg. Warum ich wohl all das so peinlich genau aufführe? Als der
damalige Schuldirektor Arnold von Adorf im September 1880 die Turmweihe vollzog,
glaubte kein Mensch an ein so baldiges Ende des Turmes. Und doch stürzte er
1896 (diese Angabe
ist widersprüchlich) , wie mir versichert wurde: durch nicht
rechtzeitige Erneuerung der unteren Teile und infolge starker Stürme, ein.
Aber es soll und muß vom Standpunkt eines richtigen
Naturfreundes aus auf diesem herrlichen Aussichtspunkt immer wieder
hingewiesen werden, denn es lohnt sich wahrhaftig, bei einigermaßen besseren
Zeiten dort wieder eine Aussichtswarte zu errichten. Der jetzige Besitzer wird,
wie seine Vorgänger, dem begreiflichen Wunsche nicht hinderlich sein. Der
damalige Besitzer der Pelzmühle war der Zimmermeister und ein gewisser
Richter sein Gehilfe beim Turmbau. Nachdem wir hinter den Zollhäusern den Weg abwärts nach der
Pelzmühle und nach dem „Waldfrieden“ und entweder bis Hagers Restaurant oder
beim größten Wacholder des Vogtlandes vorüber zur Höhe des alten Standes des
Turmes wandern, kommen wir am Rittergut, Schule und Kriegerehrenmal der
Gemeinde Bergen vorüber zur Straße abwärts nach Weidigt,
zum Sammelplatz beider Vereine…“ Besonders die
Beschreibung des Ausblickes vom ehemaligen Standort über das Vogtland und
angrenzende Gebiete ist sehr interessant. Ob heute noch der gleiche Blick
möglich ist? Oder ist dieser wie bei vielen Aussichtspunkten durch den Wuchs
von Bäumen und Sträuchern eingeschränkt? Ein Blick auf mir zur Verfügung
stehenden Landkarten konnte bisher den ehemaligen Standort nicht eindeutig
klären. Eventuell treffen wir uns ja im Frühjahr zwischen Bergen und Gettengrün bei der Suche nach dem wunderbaren Ausblick.
Ob es gelingt, ein Foto vom Juliusturm zu finden? Mit Sicherheit wurde er
damals schon mehrfach fotografiert und wartet in einem Familienalbum oder
einer Bilderschachtel auf seine Wiederentdeckung. Laut
einer Zeitungsmeldung vom 23. März 1902 wurde der Besitzer des Rittergutes
Bergen bei Adorf, Herr Roßbach, wegen des Verdachtes des Viehschmuggels
festgenommen. Das rückt den Turm in ein ganz anderes Licht. Nutzten den Turm
damals auch die vielen Viehschmuggler oder auch Zollbeamte für ihre
entgegengesetzten Ziele? Wie wird
die weitere Entwicklung des Gebirgsvereins Adorf verlaufen sein? Mein
Material endet im Dezember 1935 mit einem Bericht über die damalige
Hauptversammlung im Hotel „Goldener Löwe“ unter dem Vorsitz von Postinspektor
Kurze. Der Bericht endet mit dem Hinweis auf einen fröhlichen Abschluss des
Abends und dem Aufruf dem Verein beizutreten. Ob sich der Verein analog des
Gewerbevereins Adorf im Jahre 1936 auflöste oder aufgelöst wurde? Einen Hinweis
hierzu könnte ein Blick in den letzten Ordner des Vereins geben. Laut dem
Historischen Archiv des Vogtlandkreises gibt es dort eine Akte zum
Gebirgsverein Adorf für den Zeitraum 1919-1936. Bei Gelegenheit werde ich in
diese Akte schauen und dann sicherlich sehen, ob und wie die Geschichte des
Vereins im Jahre 1936 endete. Klaus-Peter
Hörr Februar
2023, Aktualisierung August 2025 |
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