Geschenke für die Königin der Niederlande?

Die mit Perlmutter belegten Trommeln für die Hofkapelle des Königs von Siam waren nicht die einzigen Erzeugnisse der Perlmutterwarenindustrie aus Adorf, die für einen königlichen Hof bestimmt waren.

Im Jahre 1938 berichteten die Dresdner Nachrichten wie folgt über einen Auftrag für Königin Wilhelmina anläßlich ihres 40jährigen Regierungsjubiläums.

Ehrenvoller Auftrag für die Perlmutterwarenindustrie

(1938-09-11 Dresdner Nachrichten)

„Adorf i. V.: Eine in Südamerika ansässige holländische Firma hat bei der hiesigen Perlmutterindustrie zwei kunstvoll gearbeitete Gegenstände in Auftrag gegeben, die als Geschenk für die holländische Königin zu ihrem 40jährigen Regierungsjubiläum bestimmt sind. Damit erweist sich wieder einmal das Interesse, dem die Perlmutterindustrie noch immer – vor allem auch im Ausland - begegnet. Nachdrückliche Bemühungen zur Hebung der Ausfuhr sollen sie für die Zukunft noch weiter fördern.“

Foto Perlmutter- und Heimatmuseum Adorf

Förderung der Perlmutterindustrie

(1938-10-14 Dresdner Nachrichten)

„Adorf.i.V.: Wie bereits berichtet, konnte die heimische Perlmutterindustrie anläßlich des Regierungsjubiläums in Holland im Auftrage eines in Südamerika lebenden Holländers eine kostbare Perlmutterarbeit für die Königin der Niederlande liefern. Das Geschenk des Holländers für seine Königin bestand in einer Standuhr und einer antiken Kassette, die beide mit Perlmutter ausgelegt waren. War dies schon ein Beweis, daß die hundertjährige Adorfer Perlmutterindustrie noch am Leben ist und ihre Erzeugnisse in aller Welt begehrt sind, so läßt der kürzliche Besuch von Beauftragten der sächsischen Landesregierung in Adorf, die sich des näheren über die Perlmutterindustrie erkundigten, ein Wiederaufblühen dieses alten Handwerks voller Kunstsinn und Geschmack erwarten. Einen weiteren seit Jahrzehnten bestehenden Wunsche nach Schulung von guten Nachwuchskräften für das Perlmuttergewerbe ist man zur Zeit insoweit nachgekommen, als in der hiesigen Berufsschule Schulungskurse im Gravieren und Fräsen eingerichtet worden sind.“

Wie die Standuhr in etwa ausgesehen haben könnte, zeigt obiges Foto aus dem Perlmutter-und Heimatmuseum Adorf. In Form und Größe können sich die Uhren natürlich sehr unterschieden haben. Die Uhr auf dem Foto hat eine Höhe von ca. 100 cm.

Eine Nachfrage bei den Königlichen Sammlungen der Niederlande verlief negativ. Eine derartige Standuhr und Kassette ist nicht Bestandteil der heutigen Sammlungen. Im Archivmaterial über das 40jährige Regierungsjubiläum von Königin Wilhelmina gibt es auch keinen Hinweis auf ein solches Geschenk einer Firma aus Südamerika.

Hat dem Auftraggeber die handwerkliche Kunst der Adorfer Perlmutterarbeiter so gefallen, dass er diese beiden Geschenke selber behalten und für seine Königin ein anderes Geschenk ausgewählt hat? Es kann aber auch sein, dass bestimmte Geschenke an das Könighaus anderweitig Verwendung fanden.

Die oben angesprochenen Bemühungen bezüglich einer Wiederbelebung dieses alten und traditionsreichen Handwerks in Adorf waren nicht von Erfolg gekrönt. Spätestens mit Beginn des zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 war die im- und exportabhängige Perlmutterwarenindustrie von ihren Rohstoff- und Absatzmärkten weitestgehend abgeschnitten. Dies setzte sich nach dem Ende des Krieges fort.

Klaus-Peter Hörr

Mai 2021