Damals war’s  -  VEB Halbmond – Teppiche, Werk Adorf

 

Fragte man vor 1990 Einwohner aus Adorf nach ihrer Arbeitsstelle, gab es in der Regel nur zwei Antworten, entweder beim „Uebel“/ “Baumwolle“ (später Vowetex) bzw. beim „Claviez“/der „Halbmond“.

In beiden Betrieben arbeiteten oft Familienmitglieder mehrerer Generationen inklusive der gesamten Verwandtschaft.

 

Im Bild unten der ehemalige Haupteingang für die Mitarbeiter gegenüber der Tankstelle an der B92 mit dem großen Verwaltungsgebäude. Rechts daneben eine Aufnahme von Wolfgang Weigert aus dem Jahre 2020. Auf dem ehemaligen Werksgelände warten riesige Freiflächen auf neue Investitionen.

 

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1968 hielt Siegfried Brückner/Remtengrün umfangreiche Teile des Fertigungsprozesses fotografisch fest. Sicherlich können noch viele ehemalige Halbmondmitarbeiter so manche Geschichte zu diesen Fotos erzählen. Die ganze Geschichte der „Halbmond“ zu behandeln, würde den aktuellen Rahmen sprengen.

 

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Die zu fertigenden Teppichmuster wurden über die oben an den Maschinen befindlichen Lochkarten gesteuert. Für manche Muster- bzw. Farbwechsel reichte meist eine Schicht nicht aus, um die Spulen mit der Wolle bzw. synthetischen Garnen zu wechseln. Gleiches traf für den Wechsel des Kettbaumes zu. Trotz der relativ langen Fertigungszeit eines Webteppichs hatten die nachfolgenden Fertigungsprozesse durch die Anzahl der vorhandenen Webstühle gut zu tun. Ich vermute, dass die Webstühle auf diesen Fotos noch die Vorgänger der modernen aus dem ehemaligen Webstuhlbau Karl-Marx-Stadt waren.

 

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Die in Adorf gefertigten Doppelteppiche waren in der DDR und in der Welt wegen ihrer hohen Qualität sehr begehrt. Im Inland waren sie relativ teuer und im Ausland wegen der Exportförderungen preiswert. Nach 1990 musste sich auch die „Halbmond“ in diesem Sortiment in relativ kurzer Zeit dem internationalen Wettbewerb stellen und kostendeckende Preise fordern. Dies gelang nicht im erforderlichen Umfange und es begann der Anfang vom Ende der Teppichproduktion in Adorf.

 

Die hochwertigen Teppiche von damals liegen noch heute in so mancher guten Stube. Nur im ehemaligen Interhotel Merkur in Leipzig, heute Hotel The Westin Leipzig, wird kein Doppelteppich aus Adorf mehr liegen. Ich erinnere mich gerne daran, wie ich ca. 1987 zur Leipziger Messe mit dem damaligen stellv. Absatzdirektor dort kurz einen Kunden besuchen musste, um ihm zu sagen, dass wir die am Messestand abgebrochenen Verhandlungen mit ihm am Abend nicht im Hotel weiterführen durften. Die  Kontakte zu Kunden aus dem westlichen Ausland sollten am Messestand des Unternehmens erfolgen. Da gab es mehr Augen und Ohren, die darauf achteten, dass alles seine Ordnung hatte. Wir baten an der Rezeption des Hotels den Kunden zu informieren, dass wir auf ihn in der Lobby warteten. Es dauerte nicht lange und wir wurden von einem netten Herrn freundlich aber nachdrücklich gefragt, was wir denn im Hotel wollen und auf wen wir warten.  Dem stellv. Absatzdirektor war das zu dumm. Er fragte den wissbegierigen Herrn, was sie denn mit dem Teppich, der die Lobby „zierte“, gemacht hätten? Er sähe aus wie ein alter Waschlappen und behindere unsere Verkaufsaktivitäten. Er möge sich schleunigst einen neuen besorgen und die Pflegehinweise beachten. Der nette Herr war irritiert, redete etwas von einem Reinigungspulver und zog sich zur Rezeption zurück. Unser Kunde aus Kuwait quittierte die Gesprächsabsage mit einem verständnisvollen Lächeln. Mit einem neuen Termin für den nächsten Tag verließen wir das Hotel, in dem Bürger aus dem eigenen Land argwöhnisch beobachtet wurden. Ob man den Teppich aus Adorf ausgetauscht hat, ist mir nicht bekannt.

 

Bleiben Sie immer schön auf dem Teppich

Klaus-Peter Hörr