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Köstritzer Schwarzbier ein Genuss-,
Grundnahrungs-, Nährmittel oder doch Medizin? |
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Die Auffassungen über die Wahl des
"richtigen" Bieres ähneln oft den Diskussionen über die Aufstellung
der Fußballnationalmannschaft. Da gibt es das gesamte Spektrum vom
"religiösen Hardliner" über den eher von einer Bierökumene geprägten
Genießer bis zum Bieratheisten, der seinen Durst mit diversen Kräutertees in
kalter und warmer Form erfolgreich löscht. Die Argumente für den eigenen
Standpunkt sind in ihrer Vielfalt kaum zu überblicken. Ich möchte dies an der
Werbung für das Köstritzer Schwarzbier von 1904 -
1941 im Adorfer Grenzboten belegen. Da nicht alle
Jahrgänge des Adorfer Grenzboten erhalten geblieben
sind, kann es sein, dass dieses Bier zumindest damals noch viele weitere
Vorzüge gehabt haben kann. Das Köstritzer
Schwarzbier ist ein traditionsreiches Bier, welches sich auch heute noch am
Markt behauptet. Die Brauerei bezeichnet heute ihr Schwarzbier als
"Deutschlands beliebtestes Schwarzbier mit dem unvergleichlichen
Charakter". Das möchte ich einfach mal so stehen lassen, denn im
Zweifelsfalle ist Durst schlimmer als Heimweh. Wenn man herausfinden möchte, seit wann
dieses Bier in Köstritz gebraut wird, kann man dies
nicht zwingend den alten Anzeigen entnehmen. Die Anzeige links von 1904
berichtet über eine Gründung im Jahre 1696 und die rechts 10 Jahre später von
1543. Ein Blick auf die Homepage bringt Aufklärung. 1543 wird die Köstritzer Schwarzbierbrauerei als "Köstritzer Erbschänke" erstmals urkundlich erwähnt.
Im Jahre 1696 übernehmen dann die Grafen Reuß die ritterschaftliche
Gutsbrauerei und betreiben sie als gräfliche Hofbrauerei. |
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Beeindruckend ist das damals intensiv
betriebene Marketing. Fast wöchentlich wurden Anzeigen mit neuen Argumenten
geschalten. Es gab so gut wie kein Problem, bei welchem dieses Bier nicht
half. Man spricht in Bierkennerkreisen ja auch vom flüssigen Brot und einem
Grundnahrungsmittel. Bis vor kurzer Zeit galt immer der Spruch: "Die
Dosis macht das Gift". Nun gibt es Stimmen, die sagen, jeder Tropfen
Alkohol wäre schädlich. Auch diese Auffassung lassen wir mal hier so stehen
und wenden uns dem Biermarketing in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts zu. |
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Auffällig, dass sich die Werbung oft
explizit an die Frauen und Mütter wendet und das Bier als Nährmittel
angepriesen wird. Auch heute nährt es gut. Wer kennt nicht die
stolzen Biermuskel, die so manche Herren vor sich hertragen. |
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Ärzte sahen im Biergenuss eine Alternative
zu Kuren. Trinkkuren sind bekannt. Leider fehlte in Bad Elster schon immer
eine Köstritzer Quelle. Wenn man sieht, bei welchen
Leiden das Bier damals half, fragt man sich, warum es dieses nicht in der
Apotheke gegen Rezept abgegeben wurde. Es wird auch auf einen geringen
Alkoholgehalt hingewiesen. Eine genaue Angabe hierfür fand ich nirgends. Eine
Gewichtszunahme von 18 Pfund in 14 Monaten sollte durchaus ein Beleg für Nahrhaftigkeit sein. Das Schwarzbier sollte nicht nur für eine
richtige Blutzusammensetzung helfen sondern auch die
Lebenslust erhöhen. Ja, die Lebenslust wird bei so manchen Menschen durch
Bierkonsum gesteigert. Wer zu viel konsumiert, bei dem kommt im Nachgang eine
Katerstimmung auf. Zwei Flaschen pro Tag für den älteren Herrn waren damals
durchaus förderlich. Nerven wie Stahl können in vielen Situationen hilfreich
sein. Bei mir half das Bier für starke Nerven nie so richtig. Ob ich zu wenig
getrunken hatte? |
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Die Argumente der Marketingabteilung und
damit auch die für die Kunden zum Kauf des Gerstensaftes gingen so gut wie
nicht aus. "Zur richtigen Zeit", "Wie die Saat, so die
Ernte", "Kommt der Storch - dann gibt's viel zu bedenken und zu
tun" oder "Müssen Sie schwer arbeiten?" waren alles
stichhaltige Argumente für ein kühles Schwarzes. Zur Untermauerung der
Argumente werden alten Chroniken bemüht und zum Frühstück kann man das erste
Schwarzbier auch schon trinken. Von der Farbe her kann es durchaus mit dem Kaffee
aufnehmen. Selbst Martin Luther musste als Werbepartner herhalten. Kein
Wunder, so manche Klosterbrauerei konnte sich eines edlen Bieres rühmen. Es
wurde sogar für die Arbeitspausen angepriesen. Diese Werbung wirkt teilweise
über Generationen bis heute fort. Das dieses besonders bei
sitzender Tätigkeit gut ist, ist etwas in Vergessenheit geraten. Keine
Angst, es eignet sich auch bei schweren Arbeiten. Bei den Mengen muss jeder
sein optimales Maß durch ausgiebiges Testen ermitteln. Vor ca. 100 Jahren gab
es im Sport noch keine so strengen Dopingregeln. Wer heute vor dem Start noch
einen Schluck aus der Flasche nehmen möchte, sollte lieber den
Mannschaftsarzt konsultieren. |
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Und noch ein Tipp aus Urgroßmutters
Zeiten: Köstritzer Schwarzbier mit einem rohen Ei
und Zucker. Da muss es einem aber schon sehr schlecht gehen. Eine Biersuppe
mit Zimt, Zitrone und Zucker erinnert etwas an ein Heißgetränk auf dem
Weihnachtsmarkt. Wer glaubt, dass ein Warmbier lediglich ein warmes Bier ist,
der kann schon mal irren. |
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Auch auf Goethe wird sich gerne im Marketing
bezogen. Wo ist er nicht überall gewesen? Wo er nicht gewesen ist, wird er
gerne in anderem Zusammenhang zitiert bzw. über ihn passend berichtet. Welche
Werke wird er nach reichlichem Genuss von Köstritzer
Schwarzbier geschrieben haben? Und
Bismarck ließ den Hering im Köstritzer schwimmen.
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Mit einer Anzeigenserie über die
Fertigungsschritte dieses dunklen Getränks wurde das Wissen über deren
Herstellung beim Konsumenten etwas aufgehellt. Von der Malzherstellung bis
zur Auslieferung wird alles in Wort und Bild erklärt. |
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Vielen ist bekannt, dass Bier beruhigen und
den Schlaf fördern soll. Aber Achtung! Es kann teilweise auch das Gegenteil
bewirken. Sollte sich in Deutschland mal wieder das allgemeine
Schönheitsideal ändern, die Brauereien stehen bereit und würden hierbei gerne
unterstützen. |
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Wenn ich die umfangreichen Werbeanzeigen in
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Adorfer
Grenzboten lese, frage ich mich, warum mir das Köstritzer
Schwarzbier im Zusammenhang mit den vielen Recherchen zu den Gaststätten oder
Vereinsfesten bisher nie aufgefallen ist. Da ging es um das Bier von Holler, Camphausen, aus Rehau oder um
das böhmische Bier. Auf vielen Anzeigen wird das Köstritzer
Schwarzbier als Flaschenbier angeboten. Dies deckt sich mit der Tatsache,
dass mir einige Händler hierfür in Adorf als Flaschenbierhändler bekannt
sind. Damit möchte ich nicht ausschließen, dass dieses Bier im Regelfall als
Flaschenbier und nicht als Fassbier in Gaststätten angeboten wurde. Oft
wenden sich die Anzeigen für das Köstritzer
Schwarzbier mit den Argumenten der Nahrhaftigkeit
und der allgemeine Stärkung des Körpers an Frauen
und Mütter. Ich erinnere mich dunkel
daran, dass es in meiner Kindheit und Jugend auch ein Malzbier und ein "Doppelcaramell" gegeben hat. Angeblich hatten beide
Getränke einen geringen Alkoholgehalt und sollten laut Volksmund besonders
für stillende Mütter geeignet gewesen sein. Wikipedia gibt für das DDR-Doppelcaramell einen Alkoholgehalt von durchschnittlich
1,2%vol. an. Das hinderte uns Kinder nicht, diese Getränke auch ab und an zum
Durstlöschen zu trinken. Da das Köstritzer
Schwarzbier vor über 100 Jahren mit seinem geringen Alkoholgehalt warb, kann
ich mir vorstellen, dass dieses Bier mit dem mir bekannten Doppelcaramell zu vergleichen war. Laut Herstellerangabe
auf der Homepage hat das heutige Köstritzer
Schwarzbier eine Stammwürze von 11,4% und einen Alkoholgehalt von 4,8%vol.
und ist in diesen Kennziffern mit dem Pilsner von Sternquell vergleichbar. Prost auf ein kühles Blondes oder Schwarzes
aus dem Fass! Oder waren und sind Sie ein Flaschenkind? Klaus-Peter Hörr November 2025 |
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