Firma F. A. Schmidts, Königl. Sächs. Hoflieferantens, Wittwe
|
Wer sich mit der Geschichte der Perlmutterwarenindustrie in Adorf beschäftigt, dem ist bekannt, dass einer der Begründer dieses Handwerks bzw. dieser Industrie der Buchbinder Friedrich August Schmidt aus Adorf war. In seiner Kunsthandlung in Bad Elster verkaufte er erfolgreich seine ersten Perlmutterwaren an die Kurgäste aus nah und fern und verbreitete damit das Wissen um seine neuen Produkte in Sachsen und über Sachsen hinaus. Öfter waren auch Mitglieder des sächsischen Königshauses unter seinen Kunden und kauften einzelne Perlmutterwaren. Kaufleute aus Hamburg sollen ihn auf die Muscheln und Schnecken aus den fernen Meeren aufmerksam gemacht haben. 10 Jahre nach dem Tod von Firmengründer Friedrich August Schmidt verstarb am 18. Dezember 1895 auch sein Sohn Oskar Schmidt, der die Firma von seinen Vater übernommen hatte. Das Unternehmen wurde dann von seiner Witwe Selma Schmidt, geb. Seifert fortgeführt. Wann Selma Schmidt als neue Firmeninhaberin in das Handelsregister eingetragen wurde, ist aktuell nicht bekannt. Der erste Nachweis hierfür ist aktuell das Jahr 1897. Fast zeitgleich wird am 20. April 1897 die Firma „F. A. Schmidts Wittwe“ in Bad Elster mit Emilie Josephine verw. Schmidt, geb. Richter aus Adorf als Inhaberin in das Handelsregister in Adorf eingetragen. Sie war die Witwe von Friedrich August Schmidt. Es ist zu vermuten, dass diese Firmengründung für das traditionsreiche Geschäft in Bad Elster ein Ergebnis der Klärung umfangreicher Erbschaftsangelegenheiten war. Bereits am 27. April 1897 wurde die Firmierung in „F. A. Schmidts, Königl. Sächs. Hoflieferantens, Wittwe“ geändert. Hier ist genau auf die Firmierung zu achten. Die Firma war nicht Hoflieferant sondern die Inhaberin war die Witwe eines Hoflieferanten. Ein kleiner aber feiner Unterschied.
|
|
Ein knappes Jahr später verstarb Emilie Josephine verw. Schmidt und Sophie Johanne Aurich, geb. Schmidt, jüngste Schwester von Oskar Schmidt wurde am 13. September 1899 als neue Eigentümerin des Unternehmens in das Handelsregister Adorf eingetragen.
|
|
In einem Zeitungsartikel vom 14. Mai 1922 wird dem 75 jährigen Geschäftsjubiläum des Perlmutterwarengeschäftes von Frau Sophie Aurich in den Bade-Kolonnaden Bad Elster am 15. Mai 1922 gedacht. Begonnen hatte demnach alles im Jahre 1847 in einem kleinen Bretterbau am Badeplatz. Ob in diesem Jahr bereits Perlmutterwaren angeboten wurden, ist nicht bekannt. Nach Fertigstellung der Kolonnaden erfolgte der Umzug dorthin. Im Adressbuch 1925 von Bad Elster ist der Privatmann Albin Aurich unter der Anschrift Colonnaden 15/16 eingetragen. Es ist die gleiche Anschrift, unter der 1869 die Fa. F. A. Schmidt genannt wurde. Im Adressbuch von 1942 finden wir den Eintrag vom Perlmutterwarengeschäft Erna Aurich unter der Anschrift 117 B. Wo wird dies gewesen sein?
|
Unter dem Datum vom 5. April 1937 erging nachfolgendes Schreiben der Industrie- und Handelskammer Plauen an das Amtsgericht in Adorf /V.:
„Im dortigen Handelsregister ist seit ca. 4 Jahrzehnten auf Blatt 141 die Firma F. A. Schmidt’s Königl. Sächs. Hoflieferantens Wittwe., Bad Elster /V., eingetragen. Aus der Tatsache, dass es seit November 1918 innerhalb Deutschlands Hofhaltungen und demnach Hoflieferanten nicht mehr gibt, und da zudem der Verleiher des Hoflieferantentitels, der frühere sächsische König, schon vor einigen Jahren verstarb, ist zu folgern, dass dieser Titel schon seit Auflösung des sächsischen Hofes gegenstandslos geworden ist. Zur Stützung dieser Auffassung wird auf ein Urteil des RZS., II. Zivilsenat, v. 25.10.12, abgedruckt im 80. Band – der neuen Folge 30. Band – Seite 273 ff., Bezug genommen, in dem es unter anderem wörtlich heißt: „Bei dem Titel eines „Hoflieferanten„ handelt es sich aber nicht um einen von der Staatsgewalt oder sonst Kraft öffentlichen Rechts verliehenen Titel. Auch wenn dieser Titel von einem regierenden Fürsten verliehen wird, so erfolgt die Verleihung durch ihn nicht in seiner Eigenschaft als Träger der Staatsgewalt, sondern als Vorsteher seiner Hofhaltung.“ Aber auch abgesehen von den obigen Ausführungen dürfte es dem Sinne des nationalsozialistischen Staates nicht entsprechen, gegenwärtig in den Firmennamen derartig überholte Titel noch zu führen. Sie werden daher gebeten, auf Grund der Bestimmung des § 37, Abs. 1, HGB. In Verbindung mit § 140 FGG. gegen die Inhaberin der Firma einzuschreiten und sie zur Löschung des Hoflieferantentitels anzuhalten. Von dem Erfolg bittet die Kammer seinerseits um Mitteilung. Die Industrie- und Handelskammer.“
|
Am 30. April 1937 verkündet das Amtsgericht Adorf, dass auf Blatt 141 des Handelsregisters die geänderte Firmierung „F. A. Schmidts Ww.“ eingetragen wurde. Gleichzeitig wurde eingetragen, dass die Inhaberin Sophie Johanne verehel. Aurich geb. Schmidt in Kassel infolge Tod ausgeschieden und Pauline Johanne Erna Aurich in Bad Elster neue Inhaberin ist. Bemerkenswert, wie schnell damals Gerichte auf nachdrückliche Forderungen der Industrie- und Handelskammern reagierten. Im Sächsischen Landesadressbuch von 1949 ist Erna Aurich noch in der Rubrik „Geschenk- und Andenkenartikel“ in den Kolonnaden in Bad Elster aufgeführt.
|
Mit Schreiben vom 10. Oktober 1955 wird Pauline Johanna Erna Aurich in der Roßbacher Str. in Bad Elster vom Landrat zu Oelsnitz, Abt. Industrie und Handwerk aufgefordert, ihre zum Erliegen gekommene und erloschene Firma im Handelsregister abzumelden. Zu diesem Zeitpunkt ist Frau Aurich bereits drei Jahre Rentnerin/Invaliden-Rentnerin mit sehr geringen finanziellen Mitteln. Am 24. Januar 1956 stellt die Küchenhilfe Johanne Erna Aurich, wohnhaft Roßbacher Str. 7 in Bad Elster bei Notar Hammerschmidt/Bad Elster, den entsprechenden Löschungsantrag für ihre im Jahre 1947 zum Erliegen gekommene Firma. Die Notarkosten betrugen hierfür 2,- DM. Damit endete eine 100jährige Geschäfts- und Firmengeschichte. Das Perlmutterwarenhandwerk in Adorf war bereits zu diesem Zeitpunkt ein Nischenhandwerk mit immensen Rohstoffproblemen.
Die Fa. Firma F. A. Schmidts, Königl. Sächs. Hoflieferantens, Wittwe bzw. F. A. Schmidts Ww. war nicht die einzige Firma, die in Bad Elster aktiv war.
|
Die Firma J. K. Schneider schaltete im Adressbuch Bad Elster von 1906 eine ganzseitige Anzeige bezüglich Perlmutterwaren aller Art aus eigener Fabrikation. In einem Artikel aus dem Jahre 1897 wird berichtet, dass diese Firma seit 1870 aktiv ist und aus Adorf stammen soll. Eine Anzeige im Adressbuch Adorf von 1904 informiert, dass die Firma Heinrich Adler ein Nachfolger der Firma J.K. Schneider sei und ihren Hauptsitz in Taucha/Böhmen hat. Im November 1912 wird aus Pilsen gemeldet, dass die Fa. Heinrich Adler/Taucha den Betrieb eingestellt hat.
|
Eine weitere Firma, die mit Perlmutterwaren bzw. Elsterperlen in Bad Elster aktiv war, war die Firma Carl Leger, die im Kurhaus mindestens seit 1906 einen „Nürnberger Bazar“ betrieb. Ins Handelsregister am Amtsgericht Adorf wurde die Fa. Carl Leger/Bad Elster unter Fol. 146 am 29. November 1898 eingetragen. Inhaberin war die ledige Marie Karoline Rosalie, gen. Rosa, Leger.
|
|
Der Adorfer Grenzbote berichtete am 18. Juni 1910, dass Frau Rosa Leger im Jahre 1909, wie auch 1908, die Perlenernte vom Königlichen Finanzministerium überlassen wurde. Sie hatte das Recht des Alleinverkaufs der echten Elsterperlen. Im Jahre 1912 erhielt Frau Rosa Leger-Albach 12 helle, 17 halbhelle, 8 Sandperlen und 11 Muscheln mit eingewachsenen Perlen zum Verkauf. Ein Jahr später waren es in Summe 40 Perlen und 10 Muscheln mit eingewachsenen Perlen. Die in den Zeitungsmeldungen genannten Perlenanzahlen weichen teilweise leicht von anderen Quellen ab. Wer werden die Käufer dieser Elsterperlen gewesen sein? Laut Adressbuch von 1925 existierte das Unternehmen im Kurhaus Bad Elster auch zu diesem Zeitpunkt noch. Im Jahre 1942 befand sich die Fa. Carl Leger Galanterie- und Luxuswaren in den Bade-Kolonnaden.
Klaus-Peter Hörr
|