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Seit
geraumer Zeit läuft in Adorf ein Spendenaufruf für die Errichtung eines neuen
Aussichtsturms in Remtengrün. Laut Information auf der Homepage der Stadt
Adorf sind mit Stand Dezember 2019 bereits 31.970 € an Spendengelder
eingegangen. Wie alles begann, können wir nachfolgendem Zeitungsbericht vom
10. August 1881 entnehmen. |
„Adorf,
8. August. Der
hiesige Erzgebirgszweigverein feierte gestern das Fest seines einjährigen
Bestehens dadurch, daß er ein auf der Remtengrüner Höhe errichtetes, 585 m
über dem Spiegel der Ostsee befindliches, circa 12 m hohes Aussichtsgerüst
einweihte. Zu dieser Festlichkeit hatten sich außer den Vereinsmitgliedern
noch viele Gäste und Zuschauer eingefunden, sodaß wohl gegen 1500 Menschen in
Remtengrün versammelt waren. Der Festzug ordnete sich neben dem Hotel
Schumann und setzte sich unter Vorantritt der Feuerwehr mit ihrem Musikcorps
nach dem Festplatze zu in Bewegung. Das Stadtmusikcorps marschierte in der
Mitte des Zuges, und beide Corps wechselten im Spiele mit einander ab. Das
Gerüst selbst ist zwar kein Prachtbau, aber es gewährt einen hübschen
Rundblick über die vogtländischen Höhen und Thäler, ermöglicht die
Betrachtung der Ausläufer des böhmischen Mittelgebirges, sowie des Erz- und
Fichtelgebirges und zeigt in möglicher Nähe die 3 obervogtländischen Städte
Adorf, Schöneck und Markneukirchen. Von Oelsnitz erblickt man die beiden
spitzen Kirchthürme, und außerdem liegen noch eine größere Anzahl Dörfer vor
dem Beschauer. Als der Zug am Gerüste angekommen war, bestieg der Vorsitzende
des Vereins, Herr Betriebsingenieur Prasse, die erste Treppe, begrüßte die
Gäste und Mitglieder, dankte den Letzteren für die bewiesenen Opferwilligkeit
und gab einen kurzen Ueberblick über die durch den Verein bereits vollzogenen
Arbeiten. Die Ansprache endete mit einem Hoch auf den Durchlauchtigsten
Protector des Vereins, den Prinzen Georg. Die Weihe des Baues und die
Uebergabe desselben für die Oeffentlichkeit erfolgte durch Schuldirector
Arnold. Derselbe legte dar, daß man die Remtengrüner Höhe besonders um des
schönen Rundblicks und der Elsterer Badegäste willen als Aussichtspunct
ausgewählt habe, und daß das Gerüst zu Ehren des verdienstvollen Vorsitzenden
„Ernstthurm“ heißen solle. Nachdem die Uebergabe an das Publikum erfolgt war,
wurde eine von Herrn Ottomar Walther hier gestiftete schwarz-weiß-rote Flagge
gehißt, während die von Herrn Fabrikant Roßner in Greiz geschenkte grün-weiße
Fahne schon die Spitze des Thurmes schmückte. Auf diese Rede spielte die
Musik einen Choral, und dann sprach noch der Vorsitzende des
Gesamtvorstandes, Herr Dr. Köhler aus Schneeberg, dem Adorfer Verein für sein
rühriges Schaffen den Dank aus und brachte demselben ein Hoch. In dem nahe am
Thurme stehenden Berndt’schen Hause, desgleichen in einem unterhalb des Festplatzes
befindlichen Walde waren Restaurants errichtet, wo das Publicum Speise und
Trank erhalten konnte. Da das Wetter prachtvoll war, so fehlte es nicht an
Gästen, zumal die beiden Musikcorps bis zum Abende concertierten. Gegen ½ 9
Uhr wurde ein Feuerwerk abgebrannt, sodaß das Publicum bei dem Feste genug
Abwechslung hatte. Das Waldrestaurant wird auch in Zukunft bestehen bleiben,
da Herr Stark, der Wirth des Panorama in Remtengrün, öfter Concerte daselbst
zu veranstalten gedenkt, und diese Einrichtung wird den Bewohnern von Adorf
und Markneukirchen gewiß gefallen. Die gestrige Feierlichkeit war ein wahres
Volksfest für Adorf und die ganze Umgebung.“ |
Auf dem beigefügten Bild, welches vom Perlmutter-
und Heimatmuseum zur Verfügung gestellt und von Peter Walther koloriert
wurde, können wir gut erkennen, wie die von Herrn Fabrikant Roßner aus Greiz
gestiftete Fahne auf der Spitze des Turmes im Winde weht. |
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Es
wäre schön, wenn in Remtengrün bald wieder ein Aussichtsturm eingeweiht
werden könnte und dieser eine längere Lebensdauer
als seine Vorgänger erreicht. Ob bei der Einweihung dann mehr als die 1.500
Gäste vom Jahre 1881 anwesend sind und das Lied "Zum Aussichtsturm in
Remtengrün" singen werden? |
Klaus-Peter
Hörr |