Wäscheausstattung für Herzogin Viktoria Adelheid

- Stickerei-Manufaktur Max Müller -

 

Zu einer Zeit, als die Perlmutterwarenindustrie in Adorf in voller Blüte stand, gelang es auch der Weißstickerei in Adorf einen bedeutenden Auftrag zu erhalten. Am 14. Oktober 1905 berichtete das Dresdner Journal wie folgt:

 

„Ein anerkennenswertes Zeugnis der Tüchtigkeit und Kunstfertigkeit der obervogtländischen Weißstickerinnen legt ein Auftrag ab, der einer Firma in Adorf zuging und von dieser auch ausgeführt wurde. Das betreffende Geschäft verfertigte die Stickerei eines Teiles der Wäscheausstattung der Herzogin Viktoria Adelheid geb. Prinzessin zu Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, die sich diese Woche mit Sr. Königl. Hoheit dem Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg-Gotha vermählte.“

 

(Quelle Wikipedia 3.10.2024)

 

Das Haus Sachsen-Coburg-Gotha ist sehr eng mit dem europäischen Hochadel und vielen Königshäusern verbunden.

Über Herzogin Viktoria Adelheit können wir bei Wikipedia folgendes lesen:

 

„Auf einem Hofball im Berliner Stadtschloss am 15. Februar 1905 wurde Prinzessin Viktoria Adelheid der britische Prinz Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha, 2. Duke of Albany (1884–1954), einziger Sohn von Leopold, Duke of Albany und Prinzessin Helene von Waldeck-Pyrmont, vorgestellt. Umgehend danach wurde auf dem Ball die Verlobung bekannt gegeben. Am 11. Oktober 1905 folgte auf Schloss Glücksburg die Hochzeit mit dem inzwischen regierenden Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha. Am 5. November 1905 hielt Viktoria Adelheid Einzug in Coburg, das ihr einen überaus herzlichen Empfang bereitete. Als neue Landesmutter gewann sie schnell die Sympathien der Bevölkerung aufgrund ihrer Herzlichkeit und Volksnähe.

Das Coburger Tagesblatt schrieb anlässlich ihres 80. Geburtstages: „Unvergessen wird es bleiben, daß die Herzogin — eine Nichte der deutschen Kaiserin Augusta Viktoria — sich nie scheute, für sich und für andere mit dem Henkelkorb auf dem Markt einkaufen zu gehen oder nach 1945 mit dem Fahrrad vom Schloß Callenberg (ihrer ersten Nachkriegszuflucht, in deren Parkbereich der 1954 von schwerem Leiden erlöste Gatte neben dem 1941 gefallenen Sohn Hubertus letzte Ruhestatt gefunden) zum Einkauf nach Coburg zu fahren. Dieser selbstverständlichen Schlichtheit wegen zählen sie die Coburger zu den ihrigen. Sie vergessen nie, was sie ihrer einstigen Landesmutter zu verdanken haben.“

 

Beeindruckend, wie schnell in früheren Zeiten Paare zueinander fanden und Ehen geschlossen wurden. War es Liebe auf den ersten Blick?

 

Im Adorfer Grenzboten wird zwar über die Hochzeit jedoch nicht über die Lieferung der Weißstickerei für einen Teil der Wäscheausstattung berichtet. Wollte man zeigen, dass man im oberen Vogtland solche Aufträge mit Diskretion abarbeitet? Ob zu den Feierlichkeiten die entsprechende Tischwäsche mit den in Adorf eingestickten Monogrammen auf den Tafeln lag? Wir wissen es leider genau so wenig wie den Namen des Unternehmens, welches diesen Auftrag ausführte.

Hat die Herzogin nach dem Ende des zweiten Weltkrieges bei ihren Fahrten zum Markt auch das eine oder andere Wäschestück mit Adorfer Weißstickerei gegen Lebensmittel eingetauscht?

 

Nach der Veröffentlichung meines obigen Textes im März 2025 im Adorfer Stadtboten ergaben weitere Recherchen, dass dieser Auftrag laut der Vogtländischen Zeitung und Tageblatt vom 14. Oktober 1905 von der Stickerei-Manufaktur Max Müller ausgeführt wurde.

 

 

Im Adressbuch von 1904 wird Max Müller als Handstickereifaktor in der Bismarckstraße 317 E geführt. Laut Adressbuch von 1914 befand sich diese Firma in der Gößmannstraße 134 C. Im Jahre 1925 wird als Anschrift die Bismarckstraße 5 in Adorf genannt.

Am 24. März 1919 wird im Handelsregister Adorf auf Blatt 191 eingetragen, dass Willi Köhler in das Handelsgeschäft eingetreten ist und die Gesellschaft am 1. März 1919 errichtet worden ist. Unter "errichtet" ist zu verstehen, dass sie zu diesem Zeitpunkt in das Handelsregister eingetragen wurde und widerspricht nicht der Tatsache, dass sie wie laut obiger Anzeige 1897 gegründet wurde.

 

 

Laut Anzeige vom 7. Januar 1932 suchte die Stickerei Max Müller im Adorfer Grenzboten eine junge Kontoristin für leichte Arbeiten mit Kenntnissen in Stenographie und Schreibmaschine. Wer kann heute mit 14-15 Jahren noch Steno? Die damals geforderten Schreibmaschinenkenntnisse entsprechen heute dem Beherrschen der gängigen PC-Programme. Wer mit diesen umgehen kann, sollte auch ohne Steno seine Aufgaben erfüllen können.

 

Klaus-Peter Hörr

September 2025