Die Gründung der Perlmutterwarenfabrik Louis
Nicolai im Jahre 1876 |
Im
Mai 1876 wurde mit der Firma Louis Nicolai eines der bedeutendsten
Unternehmen in Adorf in der Zeit des Wechsels vom 19. zum 20. Jahrhundert
gegründet. Dieses Unternehmen trug den Namen der Stadt Adorf und das Können
seiner Arbeiter weit in die Welt hinaus. Am
16. Mai 1926 veröffentlichte der Adorfer Grenzbote zum 50. Firmenjubiläum
nachfolgenden Artikel, der anschaulich sowohl die Firmengeschichte als auch
die damals aktuelle Situation der Adorfer Perlmutterwarenindustrie
beschreibt. |
„Heute begeht die Firma Louis Nicolai hier,
das fünfzigjährige Jubiläum ihres Bestehens. Am 15. Mai 1876 wurde die heute
führend dastehende Perlmutterwarenfabrik in einem kleinen Miethaus in Adorf gegründet,
„mit wenig Kapital, aber frohem Mut und Gottvertrauen“, wie es in einer
künstlerisch ausgeführten Broschüre vom 40 jährigen Geschäftsjubiläum im
Jahre 1916 heißt. Da Herr L. Nicolai als junger Mann in England tätig war,
konnte er gleich seine ersten Erzeugnisse dort bei der ihm bekannten Firmen
absetzen, dann kam Export nach Frankreich dazu, und erst nach dem Besuch der
Leipziger Ostermesse im Jahre 1878 bekam das junge Unternehmen deutsche
Kundschaft. Es konnten nach und nach immer mehr Arbeiter beschäftigt werden,
auch mußte ein größeres Miethaus bezogen werden, bis endlich 1880 das noch
kleine Gebäude an der Bahnhofsstraße erbaut wurde. Im gleichen Jahre
beteiligte sich die Firma an der Fischereiausstellung in Berlin, wo auch der
sächsische Staat seine Perlenfischerei ausstellte, und die Firma Nicolai
erhielt dort das erste Ehrendiplom. Eine Folge dieser Ausstellung war, daß
Herr Nicolai für den jungen prunkliebenden König von Siam einen großen
Auftrag zum Belegen der Trommeln seiner Hauskapelle erhielt, was der Adorfer
Firma den Neid der englischen und französischen Konkurrenz einbrachte. Der
Export stieg weiter, sodaß noch mehr Arbeiter eingestellt und ein abermaliger
Vergrößerungsbau vorgenommen werden mußte. Anfang 1886 besichtigte der damalige
sächsische Kronprinz, später König Friedrich August, das Nicolaische
Unternehmen und machte daselbst auch Einkäufe für die königliche Familie. Im
Jahre 1891 erfolgte ein gründlicher Um- und Vergrößerungsbau, auch wurde
Dampfbetrieb eingeführt, Lichtmaschinen und Akkumulatoren aufgestellt und im
Herbst noch der neue Betrieb eröffnet. Nunmehr konnte das Doppelte vom
Seitherigen geleistet werden, und bald war die Fabrik die größte
Perlmutterfabrik Deutschlands. Mehr als 6.000 verschiedene Gegenstände stellte
man in dem Betriebe her, und man mußte infolge zunehmenden Bedarfs an
Rohmaterial Muscheln und Perlmutterschalen waggonweise vom fernen Ausland
beziehen. Nach und nach war auch eine Verfeinerung in der Herstellung der
mannigfachen Artikel erzielt worden. Im Jahre 1897 wurde die Firma zur
Leipziger Ausstellung mit der Silbernen Medaille der Stadt Leipzig bedacht.
1903 besichtigte König Georg von Sachsen die Fabrik. Drei Jahre später wurde
die älteste und früher größte Perlmutterfabrik am Orte angekauft und der
Betrieb daselbst ebenfalls modernisiert; auch wurde eine
Perlmutterglasbildfabrik angegliedert und ausgebaut. 128 Leute beschäftigte
Herr Nicolai bis zu Kriegsbeginn, der den Absatz ins Ausland vollständig
lahmlegte. Bis 1916 bezog Belgien noch Waren. Die zweite Fabrik mußte schon
zu Kriegsbeginn stillgelegt werden. Der verlorene Krieg und die darauf
folgenden wirtschaftlichen Umwälzungen haben der deutschen Wirtschaft ein
ganz anderes Gepräge gegeben. Aber nicht nur Deutschland, sondern fast alle
europäischen und überseeischen Staaten zeigten ein ganz anderes
Wirtschaftsbild als vor dem Kriege. Die verheerende Inflation, die 1923 über
Deutschland dahinbrauste, verschleuderte unberechenbare Werte ins Ausland,
und das Ende der Inflation bedeutete für viele Deutsche die betrübende
Tatsache, daß sie vor einem Nichts standen und ihr Werk von neuem wieder
aufbauen mußten. Wurde schon dadurch die Kaufkraft im Innern wesentlich
herabgedrückt, umsomehr noch schädigten uns die Zollschranken, die uns vom
Auslande gegenüber aufgesetzt wurden, worunter nicht zuletzt die Luxuswaren
betroffen wurden, deren Einfuhr in manche Länder geradezu unmöglich geworden
ist. Ein weiterer Faktor in der mißlichen Lage bilden aber die Staaten mit
niedriger Währung, wie Frankreich, Italien, Belgien, Tschechei etc., die sich
geradezu als störender Fremdkörper im Welthandelsverkehr herausgebildet
haben. Diese Länder machen, dank ihrer niedrigen Währung und
dementsprechender Verkaufspreise, momentan eine industrielle Hochkonjunktur
durch, gegen deren Konkurrenz sehr schwer anzukämpfen ist. Unter diesen
Ursachen hat momentan die Perlmutterbranche ebenfalls schwer zu leiden, und
sie wird Mühe und Not haben, ihre Lebensfähigkeit aufrecht zu erhalten, bis
die heute noch bestehenden Inflationsländer den Stand ihrer Währungen auf
eine gesunde Basis zurückgeführt haben, die auch der Perlmutterbranche die
Möglichkeit gibt, den erfolgreichen Wettbewerb gegen das Ausland wieder
aufzunehmen. Die enorm gestiegenen Löhne und die hohen Steuern machen das
aber sehr schwer. Es müssen vollständig neue Absatzgebiete aufgesucht werden,
die heute leider noch fehlen, sodaß z. Zt. im Nicolaischen Betrieb nur 50
Arbeitnehmer noch vier Tage wöchentlich beschäftigt werden können. Trotz all
dieser Misere des Wirtschaftslebens kann heute Herr Louis Nicolai mit
Genugtuung auf sein Lebenswerk schauen, das im In- und Ausland einen guten
Ruf hat. Und wenn er heute, zum 50 jährigen Jubiläum seiner Schöpfung, im
Rahmen seines schlichten Wesens eine Festlichkeit begeht, zu der ihm
zahlreiche Ehrungen und Glückwünsche zugehen werden, so soll ihm die
Anerkennung nicht versagt bleiben, daß er durch rastlose Arbeit, bei der er
sich selbst nicht schonte, etwas geschaffen hat, das anderen
Verdienstmöglichkeit gibt und ihn selbst mit Stolz und Zufriedenheit erfüllen
kann. |
Sammlung Perlmutter und Heimatmuseum Adorf |
Herr Bürgermeister Dönitz begab sich
heute zu Herrn L. Nicolai, um diesem anläßlich seines 50 jährigen
Geschäftsjubiläums die Glückwünsche der Stadt zu überbringen. Der Firma Louis Nicolai,
Perlmutterwaren- u. Glasbildfabrik, A.G. in Adorf ist anläßlich ihres 50 jährigen
Bestehens von der Handelskammer Plauen eine Glückwunschadresse gewidmet
worden, die durch das Kammermitglied Herrn Fabrikant Martin Schuster in Markneukirchen
namens der Kammer überreicht worden ist. Gleichzeitig wurde folgenden
Werksangehörigen der Firma für die hinter jedem einzelnen vermerkten
Dienstjahre das von den sächsischen Handelskammern gestiftete tragbare
Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit verliehen und gelegentlich der
Jubiläumsfeier durch das genannte Kammermitglied ausgehändigt: Beleger Heinrich
Eduard Bauernfeind (49), Galvaniseur Friedrich Ernst Herzog (46), Werkführer
Eduard Erwin Zeidler (42), Materialverwalter Karl Eduard Dölling (37),
Zuschneider Anton Hermann Steinel (37), Fräser Christian Robert Schiller
(34), Lagerist Paul Bauer (33), Portefeuiller Alfred Willy Hauptmann (29),
Maler Anton Ulm (28), Zuschneider August Hermann Klarner (28), Gürtler Emil
Paul Kießling (27), Schleifer Albin Albert Gerberth (25).“ |
Auch
nach dem 50. Firmenjubiläum konnten die Fa. Louis Nikolai und die gesamte
Adorfer Perlmutterwarenindustrie nicht mehr an die erfolgreiche Zeit vor dem
1. Weltkrieg anknüpfen. Am
15. April 1935 verstarb Louis Erdmann Nicolai im Alter von 85 Jahren in
Adorf. Der Adorfer Grenzbote gedachte am 23. April 1935 Louis Nicolai als
Unternehmer und sozial engagierten Bürger von Adorf. In diesem Nachruf finden
wir folgende Ausführungen zur Firmengeschichte. „… Das Unternehmen, die jetzige
Firma Louis Nicolai Kom.-Ges., wurde im Jahre 1854 gegründet. Im Jahre 1906
wurde die älteste und früher größte Fabrik aufgekauft und damals schon mit
einer Dampfmaschine versehen. Im Jahre 1910 wurde der Perlmutterwarenfabrik
eine Glasbilderfabrik angegliedert. So ging eine stetige Entwicklung zum
Aufstieg immer weiter, bis sich im Jahre 1914 der politische Himmel trübte
und der Krieg alle Dispositionen änderte. Die Fabrik mußte infolge des sehr
großen Lagers geschlossen werden. Von den Arbeitern, die dem Unternehmen
bisher treu zur Seite standen, waren im Jahre 1916 sieben gefallen. Auch nach
dem Kriege setzt das Geschäft wieder ein, und der Umsatz stieg wieder höher.
Seit dem Jahre 1930 jedoch war wieder ein Rückgang zu verzeichnen. In dem
vergangenen Jahr war kaum mehr daran zu denken, den ganzen Apparat weiter in
vollem Umfang aufrecht zu halten…“ Mit
leicht optimistischem Blick in die Zukunft wird berichtet, dass das
Unternehmen in unveränderter Weise im Sinne des Verstorbenen weitergeführt
wird. Das im obigen Artikel genannte Gründungsdatum 1854 betrifft die Fa. F.
A. Schmidt & Sohn, die Louis Nicolai 1906 nach dem Tod seines
Schwiegervaters zunächst übernahm und später in sein Unternehmen eingliederte. |
Sammlung Perlmutter und Heimatmuseum Adorf |
Die
Unterlagen im Sächsischen Staatsarchiv Chemnitz zur Fa. Louis Nicolai
belegen, dass die Situation auch nach dem Ende des 2. Weltkrieges und der
Gründung der DDR sehr angespannt war. Im
November 1947 und Februar 1948 meldete das Unternehmen an den Kreisrat in
Oelsnitz, dass die Firma wegen fehlendem Rohmaterial nur Abfallprodukte
verarbeiten kann. Eine Steigerung der Produktion war damit nicht zu
erreichen. In einem Brief des Deutschen Außenhandels an den Kreisrat Oelsnitz
vom 5.9.1950 ist folgendes zu lesen: „…Nach langen Bemühungen konnten wir in der
vorigen Woche an die Firma Nicolai in Adorf ca. 150 kg Makassar-Schalen zur
Absendung bringen. Wir glauben, daß damit im Augenblick der dringende Exportbedarf
für die Musikinstrumenten-Industrie zu decken ist. Die Beschaffung von
Perlmutter aus Westdeutschland wird immer schwieriger, da Perlmutter eine
Importware ist und die westdeutschen Behörden alles tun, um die Ausfuhr nach
der DDR zu verhindern…“[1] Dem
von der Witwe und Tochter nach dem Kriege weitergeführten Unternehmen erging
es in der DDR wie fast allen privaten Unternehmen. Zum 1.1.1960 wurde die
Deutsche Investitionsbank Berlin Mitgesellschafter der Louis Nicolai KG. Mit
Wirkung zum 1. April 1960 übertrug die Deutsche Investitionsbank Berlin ihre
Gesellschafterrechte an den VEB (K) Perlmutterknopf-Fabrik, Kelbra a. Kyffh.
In Kelbra war schon über Jahrzehnte die Perlmutterknopffabrikation im starken
Maße ansässig. Am 24. Januar 1966 besaß Frau Theresia Friedrich, geb. Nicolai
56% und der VEB (K) Perlmutterknopf-Fabrik, Kelbra a. Kyffh. 44% der
Geschäftsanteile am Unternehmen. Die weitere Entwicklung des Unternehmens
bedarf noch weiterer Recherchen. Hierzu wären u. a. die Unterlagen im
Staatsarchiv Chemnitz zum VEB Perlmutterschmuck Adorf/Vogtl. ein
interessanter Ansatz. Das
Erbe und die Geschichte der Fa. Louis Nicolai und der gesamten
Perlmutterwarenindustrie wird heute eindrucksvoll im Perlmutter- und
Heimatmuseum Adorf bewahrt, gepflegt und weiter erforscht. Der
Verbleib der in der Festschrift zum 40. Firmenjubiläum beschriebenen Trommeln
für die Hauskapelle des Königs von Siam konnte trotz Unterstützung der
Botschaft des Königreiches Thailand bisher nicht geklärt werden. Im
königlichen Palast würden sie sich nicht mehr befinden. Vielleicht hat der
eine oder andere Thailandtourist diese zufällig auf einem seiner viel
Urlaubfotos abgelichtet ohne deren Geschichte zu kennen. Durch
weitere Recherchen konnten viele Informationen zu den in Adorf mit Perlmutter
belegten Trommeln für die Hauskapelle des Königs von Siam ermittelt werden.
Den Bericht hierrüber finden Sie hier. |
Neue Quellen bestätigen die bekannten Tatsachen über die
problematische Situation der Fa. Louis Nicolai KG nach 1945. Bruno Günther berichtet anlässlich des 70jährigen
Firmenjubiläums der Fa. Nicolai am 15. Mai 1946, dass das Fabrikgebäude der
Firma Nicolai wenige Tage vor Kriegsende noch einen Volltreffer durch
Granatbeschuss erhalten hat. Mit Tatkraft und Energie von Frau Nicolai und
großer Unterstützung des Betriebsleiters Paul Bauer konnte die Fabrikation
zum damaligen Zeitpunkt aufrechterhalten werden. Wie schwer die Materialbeschaffung damals war, belegt ein Brief
der Metallwarenfabrik Gebrüder Jung K.-G. aus Ruhla. Sie teilte der Fa.
Nicolai am 20. April 1949 mit, dass sie die bereits früher gelieferten
Löffelstiele wegen fehlenden Materials momentan nicht liefern können. Sollte
die Fa. Nicolai jedoch das entsprechende Messing beschaffen können, könnte
sich eventuell doch eine Möglichkeit ergeben. Für das Osterfest 1949 war die
Anfrage eh zu spät. Nachfolgender Brief aus der Sammlung von Herrn Reinhold aus
Berlin aus dem Jahre 1955 zeigt, dass es auch Probleme mit dem Bezug von
Einsteckwerken aus der Uhren- und Maschinen-Fabrik Ruhla gab. Diese
Einsteckwerke sind Uhrwerke ohne Gehäuse, die dann auf unterschiedliche Art
und Weise weiter verarbeiteten wurden. Dem Brief entnehme ich, dass der
bisherige Lieferant die Firma Nicolai nicht mehr beliefern kann, und die Fa.
Nicolai neue Lieferanten suchte. |
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Solche Einsteckwerke wurden in kunstvoll mit Perlmutter belegten
Gehäusen eingebaut. Es gibt Berichte darüber, dass gekrönte Häupter in
Sachsen und der Welt aus Adorf solche Uhren bzw. Regulatoren zu bestimmten
Anlässen bekommen haben. Diese Exemplare konnten leider bisher nicht gefunden
werden. Ob ihre Zeit abgelaufen war? |
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Im Perlmutter- und Heimatmuseum ist ein dünner Schnellhefter der
Louis Nicolai KG mit der Beschriftung „Export bis 1971“ erhalten geblieben. Ein Blick in diese Unterlagen zeigt, dass es sich um den
Zeitraum Juli 1965 bis Mai 1971 handelt. Sie belegen, dass das Exportgeschäft
damals sehr begrenzt war und bestätigen die bisherigen Erkenntnisse und
Vermutungen, dass hauptsächlich wegen Mangel an entsprechenden Rohstoffen
dieser traditionelle Industriezweig nach 1945 in Adorf nur noch ein
Nischendasein fristete. Aus einer Preisliste vom 10. Juni 1965 für ein Angebot an den
Deutschen Innen- und Außenhandel in Berlin wurden dem dortigen Kontor 43
Kulturwaren für die Sowjetunion in folgenden Sortimenten angeboten: · Perlmutterketten · Perlmutter-Armbänder · Perlmutter-Haarspangen · Perlmutter-Ohrclips · Perlmutter-Broschen und Nadeln Für jede Produktgruppe wurden zwischen zwei und zwölf Artikeln
spezifiziert. Der weitere Schriftverkehr lässt vermuten, dass die
Verhandlungen mit den Partnern in der Sowjetunion bzw. dem zuständigen Außenhandelsbetrieb
(AHB) über den VEB Gablona Schmuckwaren in Neuheim/Kreis Jüterborg liefen. Laut einem Schreiben vom 10. Oktober 1966 an den Wirtschaftsrat
des Bezirkes ist zu entnehmen, dass das Geschäft mit der Sowjetunion (SU) für
1966 nicht zustande gekommen ist. In dem Schreiben wird durch die Firma
Nicolai berichtet, dass die Exportauflage für 1966 in Höhe von 20.000 MDN
(Mark der Deutschen Notenbank) von der Firma Nicolai wegen fehlender
Exportaufträge nicht erfüllt werden kann. Die gesamte Abwicklung der Außenhandelsgeschäfte obiger
Sortimente oblag laut Schriftverkehr der WIRATEX GmbH, Exportgesellschaft für
Wirkwaren und Raumtextilien in Berlin. Die Verbindung von Schmuck- und
Modeschmuckartikeln zu Wirkwaren und Raumtextilien ist nicht zwingend eng.
Dies zeigt, dass die spezialisierten Außenhandelsbetriebe in der DDR auch ein
breites Sortiment an sonstigen Produkten zu verkaufen hatten. In meiner Zeit
als „Textiler“ war der zuständige Außenhandelsbetrieb in Berlin der AHB
Textilcommerz. Es muss ein Nachfolger der WIRATEX gewesen sein. Viele ältere
Kollegen sprachen damals weiterhin von der WIRATEX, wenn es um den AHB
Textilkommerz ging. Über diesen Außenhandelsbetrieb wurden auch die Teppiche
des VEB Halbmond, der Plauener Gardine und auch der Plauener Spitze verkauft. Für andere Perlmuttersortiment war die Deutsche
Musikinstrumenten und Spielwaren-Außenhandelsgesellschaft m.b.H. (Demusa) für
die Firma Louis Nicolai KG zuständig. Im Oktober 1969 bot die Fa. Louis Nicolai KG der Wiratex GmbH
Manschettenknöpfe und Manschettenknopfplatten zu Preisen von ca. 50 M bzw. 11
M /Dtz. Stück an. Für das Jahr 1970 konnte die Firma VEB (B) Knopfgalant für die
Firma Louis Nicolai KG in Summe 900 Dtzd. Nadeln und 3.000 Dtzd./Paar
Manschettenknöpfe in die SU verkaufen. Zu Betriebspreisen waren dies 117.312
M bzw. 14.003 Rubel. Ein ähnlicher Vertag im Umfange von 79.680 M wurde für
1971 abgeschlossen. Weiterer Schriftverkehr zu Angeboten bzw. Preisen und
Umrechnungen von Mark der DDR in die jeweiligen ausländischen Währungen
belegt auch meine Erfahrungen, dass die DDR für viele Kunden im
nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet Billigpreisland war, aus dem sie in
der Regel eine gute Qualität bekamen. Aus meiner Zeit im Exportgeschäft der
DDR war ein Erlös von 0,25 DM für eine Mark der DDR keine Seltenheit. Wenn am
Ende der Leipziger Messen das Exportziel noch nicht erreicht war, wurde der
Kurs noch etwas ungünstiger. Es war die Zeit der Sonderpostenhändler aus
aller Welt, die dann mit einem unverbindlichen Lächeln um die Messestände
schlichen. Die Praxis hat sich bis heute nicht geändert. Einkäufer suchen
mit spitzem Bleistift weltweit nach immer preiswerteren Lieferanten. Diese
Praxis steht aktuell (2022) vielfach auf dem Prüfstand. Was nutzt heute ein
Vertrag mit einem guten Preis, wenn die Lieferketten rund um den Globus
gestört sind? |
Klaus-Peter
Hörr November
2018/2020/2022 |